Bayerische Motorrad Winterkleidung

Die ersten 1000 km sind rum, Zeit für ein kleines Résumée zur Textilkombi Street Guard 3, zu den Handschuhen Pro Winter, zu einer Talisker-blauen Weltraumunterwäsche und zu einem BMW-Kapuzenpulli, auf dem ein „S“ fehlt.

In meinem Projekt „Nie wieder in Billigdreck frieren“ (NWiBDF) kam ich von einer Rukka, die ich heute noch benutze, über meine gelbe Halvarssons Safety II Halogen zur BMW-Textilkombi Street Guard 3. Mehr zur Halvarssons demnächst, die Rukka gibt es nicht mehr zu kaufen. Aber es böte sich ja an, da als nächstes zu zurückzukehren. Schaunmermal. Die Teststrecke für Street Guard und die neuen Handschuhe Pro Winter II ging ca. 500 km einfach von Stuttgart nach Leipzig, wo ein alter Freund Geburtstag hatte (so plane ich halt meine Teststrecken, wobei: „plane“, naja). Weil es auf dem Hinweg wunderbares Wetter hatte, fuhr ich den ganzen Tag Landstraße. Erst bei kompletter Dunkelheit verfackelte ich den letzten Sprit bei Vollgas auf der A9. Das Wetter ging von sonnig-frisch bis minusgradig-feucht. Auf der Rückfahrt gings mir nicht so gut wegen Saufen, deshalb war die einfach über die Autobahn. Wetter wechselhaft mit einer Handvoll Schauern, darunter auch ein stärkerer.

BMW Street Guard 3

In der MO ist ein Bild von mir in dem Teil, das hier ist von BMW.

Wer BMW-Anzüge nicht kennt: Das Tragekonzept enstammt einem sehr bewährten Konzept, nämlich dem Pappkarton. Jedes Stück BMW-Kleidung ist zunächst mal verdammt hart. Dann jedoch passiert das Unglaubliche und … ne. Es bleibt hart. Immerhin passen sich die Protektoren nach einiger Zeit etwas an die Körperform an und sind kuschelig hinterfüttert. Durch die steife Konstruktion (die Jacke muss man zum Beispiel nicht aufhängen, man kann sie abstellen) trägt sich die Konstruktion ein bisschen selbst und fühlt sich damit leichter an. Sie fühlt sich außerdem sehr sicher an. Um zu beweisen, wie stabil die Jacke ist, habe ich mich zum Beispiel unbeliebt gemacht, indem ich mit dem Ellbogen fast eine dieser Gipsverbindungswände in den MO-Headquarters durchschlagen habe. Die Jacke ist definitiv stabiler als eine Handbreit Gips.

Die herausnehmbaren Protektoren sind sehr großzügig in ihren Abmessungen, damit sie sich fast um die Gelenke herumwickeln. Somit fallen die Gelenke bei einem Sturz immer auf ein Polster, auch wenn die Kombi suboptimal sitzt oder verrutscht. Hinten ist ein großer Rückenprotektor drin, es gibt im Zubehör sogar noch einen Steißbeinschoner, keine Ahnung, ob der dann an die Jacke angehängt oder in die Hose eingesteckt wird. Trotz der Steifigkeit war die Bewegungsfreiheit auf der 2009er Kawasaki Ninja ZX-6R okay. Die Jacke ist mit dem Futter (für den Sommer herausnehmbar) bis etwa 0° C in normalem Pulli fahrbar, mit wärmerem Zeug drunter uneingeschränkt wintertauglich. Sie hat zum Beispiel einen stabilen Kragen, durch den kein Wind geht, ein Feature, das ich an der kragenlosen Halvarssons sehr vermisst habe. Der Kragen ist für den Sommer komplett abnehmbar. Unten in den Ärmeln halten Labyrinthverschlüsse, in die man die Handschustulpen steckt, das Wasser ab, egal, wie man die Hände hält. Gestört hat mich auf diesen ersten 1000 km jetzt nur, dass der Reißverschluss der Gashand während der Fahrt langsam aufgeht. Mal sehen, ob man das irgendwie beheben kann.

BMW Street Guard 3

Ist: aus Panzerpappe
Kos­tet: 730 Euro (Jacke) plus 570 Euro (Hose)
Bringt: warme Knochen und eine trockene Haut.
Gibt es: beim BMW-Händler.
Hat: große, vertrauenerweckende Protektoren, ein ebensolches Obermaterial, hohe Qualitätsanmutung bis jetzt und zu wenig Bewegungsfreiheit. Einen Rucksack damit einfädeln ist regelrecht peinlich.
Sollte: man unbedingt vorher am eigenen Motorrad ausprobieren, weil die Protektoren gängige Größen im Stand verzerren. Die Hose hier passt mir z. B. im Stand, auf dem Motorrad hört sie irgendwo am Schienbein auf.

BMW Pro Winter 2

So sehen die aus. Jetzt gehste in den Laden und holst dir welche. (Bild: BMW)

BMW Pro Winter sind ganz großes Kino für den Alltagswinterfahrer. Die erste Generation war damals 2004 das erste Zubehörteststück, das ich selber ausgewählt und angefordert habe, statt dass jemand gesagt hat „probier das mal aus“. Grund: die Teile sind genau richtig. Sie sind schnell angezogen, ihre großen Stulpen gehen über jede Jacke (reinstecken ist schon schwieriger), sie halten gut warm, gut dicht, trocknen sehr schnell, haben eine dauerhaft funktionerende Wischlippe, sind bequem und trotz allem selbst mit Unterhandschuhen noch benutzbar, obwohl man mit den riesigen Kuschelhandschuhen aussieht wie Mickey Mouse im Disneyland. Der Pro Winter 2 kann das alles auch. Er sieht anders aus, die Zuziehschlaufe fürs Handgelenk ist jetzt unten statt an der Seite, aber im Prinzip ist gefühlt fast alles gleich geblieben. Nur die Polsterung haben sie aufgestockt, sodass meine zierlichen Finger an den zierlichen Lenkstummeln der Kawa Platzprobleme kriegen. Der Mittelfinger etwa ist nicht so einfach einzusortieren. Andererseits haben Leute mit dicken Fingern (hallo, Dirk) diese Probleme jeden Tag.

Ist: der beste Winterkompromiss den‘s grad gibt.
Kos­tet: 110 Euro
Bringt: mehr Isolation als der Rest.
Gibt es: beim BMW-Händler.
Hat: noch nicht jeder Gewalttourenfahrer.
Sollte: jeder Gewalttourenfahrer haben.

Funktionsunterwäsche

Endlich: Scotch-Trinkerwäsche in Talisker-blau! (Bild: BMW)

Für die Nichtmotorradfahrer: Ja, sowas tragen wir gelegentlich. Nein, wir sind nicht schwul. … Also nicht komplett. Nur manchmal, gelegentlich halt, weil dieses Funktionszeug ist einfach totaaal tuffig! Funktionsunterwäsche hat zwei Hauptfunktionen: Einmal fungiert sie als Gleitmittel in traditionell ja eher straff sitzenden Motorradsachen. Im Sommer verschwitzt in die kosend „Ganzkörperkondom“ genannte einteilige Lederkombi kommen geht ohne Funktionszeug nur schwer oder mit anderem Gleitmittel (Ky, Talcum, Korea, Bier…). Als zweite Funktion soll sie den Schweiß schneller verdunsten lassen als Baumwolle, die ja eher saugt und schluckt als weitergibt. Viele Motorradsachen, vor allem die, die es sich zu tragen lohnt, bestehen aus irgendwelchem Weltraummaterial, das nur mit Funktionsunterwäsche so richtig gut funktioniert. Der Street Guard hat zum Beispiel ein Membransystem, dessen Poren sich bei Kälte wie bei Menschenhaut verschließen, bei Wärme jedoch weiter öffnen. Das reguliert die Temperatur und lässt die Schwitze von der Funktionsunterwäsche besser raus. Diese Wäsche hier ist für den Ganzjahreseinsatz gedacht, weil ich mit der Ganzjahresvariante von Rukka (AWS) sehr zufrieden war. Die Rukka sitzt etwas bequemer, aber die BMW-Variante hat zwei entscheidende Vorteile, erstens ihre Daumenlöcher, die die Ärmel beim Anziehen und Fahren in Position halten, und zweitens ihre Farbe: sie ist in der besten Farbe der Welt gefärbt, nämlich in Talisker-blau! Werde von jetzt ab nur noch stilgerecht in dieser Unterwäsche Talisker trinken.

Ist: Talisker-blau!
Kos­tet: keine Ahnung, ist nicht in meinem Katalog, ungefähr 50 Euro mit Hose (Nachfrage pending)
Bringt: Stil beim Talisker trinken.
Gibt es: beim BMW-Händler.
Hat: Daumenlöcher
Sollte: weicher sein, so wie die Rukka AWS, aber nicht so grau.

BMW Kapuzenjacke „Type“

Auch hiervon gibt es ein Bild von mir, das ist aber ebenfalls irgendwo bei Timo. Also: (Bild: BMW)

Für diesen letzten Punkt habe ich lange recherchiert. Ich habe sogar den Lektor der Motorpresse gefragt — ohne Erfolg. Ich wollte die beste deutsche Übersetzung für das englische „Commitment“ haben. Bin bei „konsequent“ hängengeblieben. Also: Nachdem die Entscheidung feststand, komplett BMW zu fahren in Sachen Textil, dachte ich mir, kannst es auch gleich konsequent durchziehen und noch einen Kapu holen. Kapus kann man immer brauchen. Also habe ich gesagt „liebe BMW-Leute, dieses Kapuzenteil noch für mich privat, schreibts einfach auf meinen Bierdeckel, ja?“ Die Jacke ist ziemlich warm gefüttert, nüchtern anthrazit und hat auf einem Ärmel alle Modellanfangsbuchstaben stehen. Weil sie aber schon länger im Programm ist, fehlt das „S“ fürs Superbike. Toby hat sich ja hier in Qualen gewunden, als ich ihm von meinem BMW-Bekleidungstest erzählte. Er hasst BMW, wahrscheinlich, weil sein Vater eine fährt. Pass auf, du Hundling, ich zieh mir jetzt alle meine BMW-Sachen an und dann setz ich mich damit auf die S 1000 RR. Dann schaumer mal, obste mir mit der R6 immer noch entkommst, wenn ich mal 200 PS hab.

Ist: warm
Kos­tet: 75 Euro
Bringt: einen Kapuzenpulli mehr im Schrank.
Gibt es: beim BMW-Händler.
Hat: kein S auf dem Ärmel.
Sollte: aber eins haben.

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