Buchrezension „Verirren – eine Anleitung“

Als professioneller Verirrer musste ich dieses Buch unbedingt lesen. Nachdem ich mich meine letzten beiden Verirrungen ohne die Ratschläge von Kathrin Passig und Aleks Scholz durchschlagen musste, wird es die Reisevorbereitung fürs nächste Mal sein. Warum man sich besser mit Buch verirrt.

Es ist ein bisschen unfair, dieses Buch mit meinen Ansprüchen zu rezensieren, weil ich den größten Teil meines Geldes beim Herumirren auf oder in Motorfahrzeugen verdiene. Geschrieben ist es für Leute, die das in ihrer Freizeit machen und Geld dafür ausgeben, statt es zu kriegen. Aber trotzdem fang ich mit Rumkritteln vor dem Hintergrund maßlos überzogener Ansprüche an (was ich übrigens vor langer Zeit von einer Frau gelernt habe). Passig und Scholz leiten ein mit einem Plädoyer für zwangloses Verirren als Freizeitbeschäftigung und einem Beispiel an den Niagara-Fällen. Leider plätschert das Buch hier etwas, ich hätte das Plädoyer lieber als einen von Frau Passigs knackigen Essays gelesen, was das Restbuch besser fokussiert hätte. Denn irgendwann findet eine Definition von „Verirren“ als eine Erforschung des Unbekannten statt und der Text legt richtig los mit Mental Maps, Psychologie von Verirrten, dem Prinzip Coolness und es vergisst auch nicht meine großen Vorbilder, die Navigatoren der Südsee, als Vorbilder für alle Verirrer anzuführen (habe mich mal selbst auf einem Auslegerkanu in Mikronesien verirrt). Wenn die Kanusegler nicht dabeigewesen wären, hätte ich Frau Passig schlagen wollen. So will ich sie küssen.

Leider dauert es ewig, bis diese spannenden Sachen passieren. Das Buch kommt erst kurz vor der Hälfte in seinen Leistungsbereich und das Prinzip des zwanglos erforschenden Verirrens als Freizeitbeschäftigung wirkt oft einem spannenden Kapitel am Ende als Nachgedanke beigefügt – vielleicht, um es mit der Einleitung stimmig zu halten. In Fahrt ist dieses Buch ein Muss für jeden, der eine Tür nach draußen (beliebtes Feature) an seiner Wohnung hat. Für meine letzten beiden großen Verirrungen mit der MV Agusta Brutale und der BMW S 1000 RR kam das Buch zu spät, es ist aber fest eingeplant als zusätzlicher Tip-Geber für die nächste. Mir persönlich fehlen nur einige Hinweise zum motorisierten Verirren, einfach weils mein Spezialfall ist, aber dann hat die wenigstens die Konkurrenz nicht, die ich dann weiterhin herverirren kann, dass das Navi kracht. „Verirren“ ist sein Geld insgesamt als Leselektüre wert und zur Hälfte als irre Forscherreferenz.

Zündschlüssel steckt schon
Verirren mit Anleitung ist lustiger als ein Navi.

Verirren
Eine Anleitung für Anfänger und Fortgeschrittene
18,95 Euro
Hardcover, 272 Sei­ten
ISBN 3871346403

Verlag rowohlt Berlin

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