Gerade lese ich die aktuelle MO. Darin wird die aktuelle Honda VFR 1200 F zerbombt. Sie wurde auch zwei Ausgaben vorher schonmal zerbombt. Einige englische und amerikanische Kommentatoren haben sie auch zerbombt und die „Motorrad“ ist „enttäuscht“ und schließt mit „ein klarer, unumstrittener Sieg, die K 1300 S liegt in beinahe jeder Disziplin vor der VFR 1200 F“. Das zählt für Motorrad-Verhältnisse ebenfalls als zerbombt. Der Grundtenor lautet: Warum? Warum dieses Motorrad exakt so? Was hat sich Honda denn dabei gedacht? Das weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass ich an die Honda DN-01 denken musste. Die DN-01 präsentierte 2008 eine stufenlose hydraulische Taumelscheibenkraftübertragung in vollendeter Form. Das Motorrad wurde wahrscheinlich nur dazu gebaut, nur um diese Ingenieursleistung herum. Die Automatik war wunderbar. Das Motorrad war grauenhaft. Es sah von vorne sehr cool aus, wie ein Killerhaifisch, hatte aber den braven Tuckermotor der Deauville mit etwa 60 PS, der sich mit über 270 kg Fahrzeuggewicht abquälte. Die Optik machte einem die Überholspur frei — und dann kam man mangels Leistung nicht vorbei. Opel Zafiras sind mir auf dem Ding weggezogen, dass ich weinen musste.
Die DN-01 wollte keiner haben, sie liefert allerdings eine mögliche Antwort auf die Frage, warum die VFR so ist, dass sie die Journalisten nicht verstehen: Die VFR ist absichtlich wie sie ist konzipiert, damit man da Hondas neues Doppelkupplungsgetriebe reinbauen kann. Das wär jetzt meine These, denn Honda geht sehr bedacht in der Fertigungsplanung vor. Als 2007 die neue CBR 600 RR rauskam, war der Motor so glatt, schlaucharm, so „clean“, wie Poloprolls sagen würden, damit man ihn später in der Hornet und der CBF 600 (2008) ästhetisch hatte, denn diese beiden lassen den Blick auf den Motor frei. Die neue VFR macht mit Doppelkupplung so viel Sinn, dass die Frage, die ich mir bei Erscheinen des Motorrads stellte, nur war: „Warum bringen sie die ohne Doppelkupplung raus? Die Presse wird sie zerbomben.“ Ich habe keinen Zweifel daran, dass dieses Getriebe, wenn es irgendwann im zweiten Quartal erscheint, eine vollendete ingenieurstechnische Meisterleistung sein wird. Und — ohne sie gefahren zu sein — besser als „grauenhaft“ ist das Motorrad außenrum diesmal mit Sicherheit.