Der neue Opel „Äh…“

„Ach, Opel, ach, Opel, ach, Opel“, will man als ehemaliger Opelfahrer die letzten Jahre immer wieder sagen, und es ist dabei völlig wurscht, ob GM an allem Schuld ist. Jetzt der Adam, den sie „Äddäm“ nennen, weil die Karre auf den denglisch hippen Modezug aufspringen soll. Liebe Opelleute: Wenn man auf einen Zug aufspringen will, fängt man normalerweise mit dem Aufspringen an, solang der noch im Bahnhof ist. Konkret hieß der Zug „New Mini“ und fing 2001 an zu rollen. Es braucht ein paar Jahre, bis aus einem „me too!“ ein Auto wird. Das Beispiel hierzu heißt Fiat 500 — ein eleganter Sprung mit einem Vorbild aus der eigenen Firma. So wie beim Mokka muss das mit dem Aufspringen gehen, Opel. Stattdessen kommt ein Dutzend Jahre nach dem BMW-Mini dieser Opel Äddäm, dieser Opel Äh.

Statt der für solche Modeherrenhandtaschen nötigen Unverwechselbarkeit hat der Äh ein nettes Design. Das hat aber ein neuer Hyundai i10 genauso. Dessen Phimose-Vorhaut-Frontgrill ist ja auch irgendwie Design. Statt einem potenziell interessanten neuen Drei- oder gar Zweizylinder hat der Äh irgendwelche rottigen Corsa-Reihenvierer, mit der Aussicht auf komische Chinamotoren irgendwann. Und statt einem Vorbild aus der eigenen Firma hat der Äh den Namen des Firmengründers Adam (nicht Äddäm) Opel, der Autos hasste: „Aus diesem Stinkkasten wird nie mehr werden als ein Spielzeug für Millionäre, die nicht wissen, wie sie ihr Geld wegwerfen sollen!“

Eigentlich geht es doch um aufgeladene Marken. GM hat das nie so recht verstanden mit den Marken, was Manager Timothy E. Lee sehr deutlich in einem Interview mit der Automobil Revue zum Thema Chevrolet bewies: „Eine Fabrik ist eine Fabrik. Dem Fließband oder den Arbeitern ist es egal, welches Markenzeichen auf den Kühlergrill kommt.“ Der Lee vom General sollte mal ins pittoreske Europa kommen und einem Daimler-Arbeiter sagen, er möge jetzt Kia-Plaketten auf den Äh, äh A montieren, weil ihm, dem Arbeiter, das doch eh scheißegal sei. Vielleicht prügelt der Arbeiter etwas Vernunft in seine hohle Birne.

Opel ist als Marke derart verratzt, dass selbst der Verkehr mit PSA den ruinierten Ruf nicht weiter beschädigt. Der Äh müsste also wie der Mini oder der 500 seine eigene Marke werden. Dazu langt es halt nicht, gut zu sein, dazu muss der Äh emotional für irgendwas stehen. Bis jetzt ist es ein Stinkkastenspielzeug für Leute, die nicht wissen, wie sie sonst ihr Geld wegwerfen sollen, weil sie noch nie was von Mini oder Fiat 500 gehört haben.

Available as Jam, Slam or Glam: the Opel „Äh“. Damn. I think I‘ll take the tram. (Bild: GM)

Kommentare:

ältere
  • Ben meinte am 10. November 2012 um 8:24:

    Ach… mir gefallen sogar ein paar der neuen Modelle, und Opel bemueht sich sogar bei all der Knutschkugeloptik so etwas wie entfernt sportlich anmutende Kanten ins Design aufzunehmen… sieht besser aus als VWs „up!“

    Ueber Preisleistung kann man sich ja gesondert noch einmal unterhalten.

    • Clemens Gleich meinte am 10. November 2012 um 12:12:

      Oh, mir gefällt der Äh auch. Er fährt auch gut und der Touchscreen ist gut gemacht. Das (und viele Leute tun sich schwer damit, das zu akzeptieren) reicht aber nicht. Ein Produkt muss nur gut genug sein und einen emotional hohen Wert haben. Siehe Mini. Der ist nicht der technisch beste Kleinwagen. Siehe iPhone. Das ist nicht das technisch beste Telefon. Es sind aber beides die besten Produkte im kaufmännischen Sinn.

  • Marc Gerges meinte am 10. November 2012 um 11:03:

    Beim DS3 hat‘s doch auch funktioniert, obwohl da nichts zum Draufbeziehen war und das Auto technisch nicht auffiel.

    • Clemens Gleich meinte am 10. November 2012 um 12:04:

      Ah, ich bin froh, dass Du dieses Beispiel bringst: Der DS3 ist auch so ein Äh, und deshalb läuft das Teil in Deutschland irgendwo weiiiit hinten in der Verkaufsstatistik (Platz 108 in 2011). Und das trotz ein bisschen Bezug auf Herrn Loeb mit diesem schwarzroten Sondermodell.

  • Phil meinte am 10. November 2012 um 13:04:

    Also 10 mal lieber diesen Opel Mini als den BMW Mini.
    Aber klar, der beste unter den Style-Minis ist sicherlich der Cinquecento.
    Der allerbeste Mini ist allerdings der Twizy.

  • Ben meinte am 10. November 2012 um 19:15:

    Wenn es deine Marktprognose stimuliert: Ich kenne jemanden, der jemanden kennt, der sich den ‚Äh‘ wahrscheinlich kaufen wird… Entschluss steht zu 70%, so Zeugenberichte.

    Du willst doch nicht ernsthaft behaupten, dass nun alle Produkte einen religiös aufgeladenen Markenhype wie Macs und iPötte brauchen! Obwohl… welcher Produktname, außer u.U. noch Eve (deutsch: Eva) wäre dafür besser geeignet?
    Ist dies der Anfang einer neuen Genealogie bei Opel? Überstehen Kain und Abel den Crashtest?
    Wann ist mit Noah, dem Amphibischen Opel mit extra viel Stauraum zu rechnen? Und wir schließlich der ultimative OPEL, der für eine neue Zeitrechnung steht, eine besondere Beziehung zu Kreuzungen haben?

    Fragen über Fragen…

    • Clemens Gleich meinte am 11. November 2012 um 16:44:

      „Auto Bild fand im Test das neuen Opel Jesus eine eklatante Neigung zu Aquaplaning heraus.“

  • Mario meinte am 12. November 2012 um 14:14:

    Das Teil heißt wirklich Ädäm?!
    Dann muss ich mich jetzt auch noch bei meiner Holden entschuldigen, der ich neulich erstmal einen Vortrag darüber gehalten habe, dass sie gefälligst Adam zu sagen hat. *herrje*

    Sie kam vom Reifenwechsel für Ihren Corsa 🙂 vom freundlichen Opel-Händler, wo offensichtlich schon ordentlich die Werbetrommel gerührt wird.
    Sie findet den Ädäm übrigens „total toll“.

  • butterfly meinte am 15. November 2012 um 22:58:

    hey clemens!
    also opel-bashing ist ja seit mehr als 20 jahren so easy, dass mich wundert, dass dich diese journalistische ‚herausforderung‘ gereizt hat
    zum adam: ja bescheuerter name, und ein me-too (mini, cinquecento, ds3) car.
    aber sonst: modern und gut gemacht – sieht attraktiver aus als der nach rund 10 jahren marktpräsenz völlig abgelutschte mini, der deswegen die abenteuerlichsten und verquollesten derivate braucht, um noch halbwegs als hip zu funktionieren. den fiat steckt er ohnehin was den ‚haben will‘ effekt betrifft in die tasche. dazu bestes preis-leistung verhältnis gerade im gegensatz zu mini (abartig teuer) und cinquecento. gegen potentielle konkurenten wie den up und den ka sieht er geradezu göttlich gut aus und er wird in deutschland gebaut – ähnlich wie mit dem mocca bringt opel hier wirklich mal was attraktiv neues im langweiligen einheitsbrei – wird aber wohl noch ein bisschen dauern, bis die journalisten-clique die winds of change erkannt haben – bis dahin werden die käuferINNEN auch so freude am ihrem adamo haben
    greez
    butterfly

  • Clemens Gleich meinte am 15. November 2012 um 23:13:

    Huch, ein Opel-Fan! Es hält Dich ja keiner ab, diese attraktiven, völlig neuartigen Winds of Change zu kaufen, die alle Schreiber so komplett verkennen, aber weißt was? Ich denke, das wirst Du nicht tun. Wie es auch die meisten rINNEN nicht tun werden. Beobachten wir die Verkaufszahlen. Wir wollen ja eine statistische Herausforderung. Ich extrapoliere gleich: Der Äh wird weder den abgelutschten Mini noch den unhabenwollenswerten 500 outsellen.

    Was ich auch finde: Äh und Mokka tun Opel gut. Sie sehen allerdings nur deshalb interessant aus, weil der Rest so uninteressant ist.

  • butterfly meinte am 16. November 2012 um 2:46:

    nö – kein opel fan – überhaupt kein fan irgendeiner marke (ich habe autos von 9 verschiedenen marken besessen – mir ist es schlicht wurscht, was für ein bepper drauf ist, wenn mir ein auto oder bike gefällt) – aber mich hat halt gewundert, warum du gerade den adam so runtermachst, der ist doch nach dem endlos langweiligen corsa/astra/vectra/zafira schrott mal endlich ein lichtblick. Und wenn mensch autos schon emotional betrachtet (was die meisten tun) weniger peinlich als der mini mit seinem pseudo-retro-plastik interieur. ich fahre keine kleinwagen und auch keine mini-suvs, insofern kommen weder adam noch mokka in betracht – aber wenn ich einen kleinwagen wollte, würde ich den adam (neben anderen) probefahren.

    und um ein wenig grundsätzlicher zu werden, weil du dich ja immer gern mit motorjournalismus im allgemeinen auseinandersetzt: für die leserINNEN sind eben diese unausgesprochenen konventionen und writing-codes der berufsgruppe nervig: ein vw kann so langweilig und bieder sein, wie diese niedersächsischen bauernmobile halt nun mal sind, er ist toll, weil er ist von vw – ein opel ist immer mies, weil er ist ein opel, ein bmw ist immer sportlich, obwohl gefühlt die hälfte der bayern-dosen aus vorstadtschützenpanzern ala x3 und x5 bestehen, die etwas so sportlich wie ein waidwunder scorpio mit rest-tüv sind usw.
    opel kann in der tat kein image verkaufen, weil opel hat ein mieses image – das gute daran: opel kann autos nur über das auto selbst verkaufen – das könnte mit wagen wie dem adam gelingen…
    greez
    butterfly

    • Clemens Gleich meinte am 16. November 2012 um 11:45:

      Na simmer uns ja einig: Opel fehlt vor allem emotionale Aufladung. Das liegt an vielen vergangenen Produkten (die Du nennst), das liegt aber auch daran, dass Opel nach seiner großen Zeit gesamt als Firma einen Aufgeber-Mief verströmt, der die Marke fast so bäh macht wie eine aus dem Osten — MZ zum Beispiel. Opel ist in seiner jetzigen Form nicht zu retten.

  • sinsser meinte am 16. November 2012 um 16:04:

    Ich bin ja schon als Kind immer autogeil, bzw. Fahrzeuggeil gewesen. Und ich fand die Diplomat, Ascona und D-Rekord / B-Commodore immer geil.
    Mein erstes Auto war daher auch ein B-Ascona, mit zornigen 60-PS, von denen allein schon ca. 15 Stück im Antriebsstrang Typ M.A.N-Kieslaster flöten gingen.
    Der zweite war ein B-Ascona 2.0E Sport. Traumhaft.
    Dann kamen die OHC-Motoren und der Frontantrieb, und Piech glaub ich auch da in der Zeit irgendwann. Und ich kam zu V.A.G, konkret Passat Variant 32B.
    Opel ist seitdem tot. Bei mir und allgemein sowieso. Die haben sich den Ruf von der Ära D- und E-Kadett, C-Ascona und A-Omega so versaut, dass sie bis heute nicht mehr auf die Beine kamen. Das sollte allen Hersteller Warnung genug sein. Qualität ist das a und o. 2Techniker mit Entscheidungsgewalt taugen langfristig mehr als 20 Betriebswirte mit Excel-Kenntnissen. R.I.P Opel.

    • Clemens Gleich meinte am 16. November 2012 um 16:13:

      Opel Kadett C Coupé mit Standardantrieb. So leicht, dass wir die Dinger auf dem Schulparkplatz weggetragen haben, wenn sie unserem schwereren Kadett E im Weg standen.

  • sinsser meinte am 16. November 2012 um 16:39:

    ach? C-Kadett´s wegheben? Hattest Du auch mal ne andere Figur? Oder warst Du beim heben bloß der Einweiser. 🙂

  • Stephan meinte am 21. November 2012 um 23:14:

    Ich wünsche ja Opel, das sie es doch noch schaffen, aber den Glauben hab ich schon verloren. Das was da so auf den Markt kommt, erweckt mir nicht gerade den Eindruck, die wissen, auf was die Leute warten. Der Adam hebt sich nicht von anderen Produkten ab. Sieht nett aus, aber gerade mit den alten Motoren stellt sich Opel da ein Bein.

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