Freiheit: wurde wieder abbestellt

Als vager Wunsch steht „Freiheit“ meistens in den Top Five der vagen Dinge, die Leute mit dem Motorradfahren verbinden. An diesen Umstand denke ich in letzter Zeit öfter, wenn ich sehe, wie der gute Jens Wiedenmann aus Berlin behandelt wird für seinen Wunsch der Wahlfreiheit, seinen Wunsch, auch künftig Motorräder ohne ABS, ja: ohne elektronische Regelsysteme zur Fahrzeugstabilisierung überhaupt kaufen zu dürfen. Selbst junge, intelligente Leute, die ich fast schon als des selbständigen Denkens fähig vermutete, äußern sich öffentlich über Jens, als wäre er ein geistesgestörter Kinderfresser. Er ist ein Paria geworden, keiner mag sich so recht mit ihm beschäftigen. Wohlgemerkt, es geht ihm nicht darum, ob ein bestimmtes oder alle ABS gut funktionieren, ob solche Systeme irgendwann technisch perfekt daherkommen, nein: „Um all das geht es nicht. Sondern darum, selbstbestimmt auf die Schnauze fallen zu dürfen.“ Es geht also, kürzer gesagt, um Freiheit, denn die Freiheit, etwas Dummes zu tun ist die Freiheit an sich. Um etwas Gesellschaftsgefälliges, etwas „Richtiges“(tm) zu tun, braucht man keine Freiheit. Ich finde es bedenklich, dass so vielen Leuten ein Grundbedürfnis nach Freiheit nichteinmal mehr verständlich ist, sobald es um die Gottheit ABS nebst ihren himmlischen Heerscharen (ausgerüstet mit Traktionskontrolle) geht. Und deshalb hätte ich gerne, dass ihr lest, was Jens eigentlich will und das versteht. Ihr könnt seine heute antiquiert wirkende Haltung, seine starke Motivation, seine Wünsche generell ruhig alle scheiße finden, ruhig mehr Technik, mehr Regelung wollen. Ich bin ja selber ein Technofreak. Aber wer seinen aus all dem sprechenden Wunsch nach Freiheit nicht versteht, dem sollte das zu denken geben. Vielleicht lernen die Nichtversteher etwas mehr verstehen, indem sie von einem anderen Fall lesen:

vom getriebenen Weltenbummler Hubert

Kommentare:

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  • Yul Brynner meinte am 29. September 2011 um 14:24:

    gleich einmal vorweg: egal wie viele zeilen, seiten, bücher und jahre gewidmet werden, sie werden es nicht verstehen und es ist wichtig das wir verstehen das SIE es nicht verstehen werden, sonst ist es zeitverschwendung sich mit dem thema und den dazugehörigen blinden zu befassen.

    sie werden es nicht verstehen weil sie verlernt haben auf ihre inneren wünsche zu hören, auf ihren gegebenen instinkt der neugier zu hören und auf das glücksgefüll das einem überkommt wenn man etwas neues gelernt oder besser gesagt eine aufgabe gemeistert hat. noch stärker wird dieses glücksgefühl wenn die damit verbundene aufgabe noch einen gewissen grad an gefährlichkeit beinhaltet hat.

    lauter eigenschaften die dazu geführt haben das die menschheit überhaupt so weit gekommen ist wie sie jetzt ist. folglich ist das thema keine frage von abs oder nicht abs, von tc oder nicht tc, sondern von eigenverantwortung übernehmen und sich weiter zu entwickeln. eben alles was unserer zivilisation(welch beschissenes wort) seit jahrzenten immer stärker abhanden kommt. sie sind unter uns, die feigen, die flegmatischen, die geistlosen und entscheidungsschwachen, eben alle die von unseren regierungen gezüchtet wurden um uns leichter zu steuern. wie also um allers in der welt sollen diese seelenlosen wesen verstehen worum es geht. lass ein huhn das ihr leben lang eingesperrt war frei, es wird die freiheit nicht nutzen kennen weil für dieses wesen die gefangenschaft als norm empfunden wurde !

  • Frank Kemper meinte am 29. September 2011 um 14:35:

    Ein Wort zu Jens, der kein ABS mag (und Shifttasten offenbar auch nicht): Mit den Gesetzen ist das oft so eine Sache. Oft wird per Gesetz nur das zementiert, was seriöse Marktteilnehmer ohnehin schon vorleben. Beispiel: Als man mit dem Fernabsatzgesetz u.a. festschrieb, dass online bestellte Klamotten 14 Tage lang zurückgegeben werden dürfen, übernahm man nur eine Regelung, die die großen Versender ohnehin schon freiwillig anboten.

    Wenn man einmal davon ausgeht, dass ABS idealerweise vor allem den Motorradfahrer davor schützt, selbst zu Schaden zu kommen, dann ist ein ABS-Gesetz eigentlich gegen die Selbstbestimmung gerichtet. Die merkwürdige Übung der italienischen Bullen, Motorradfahrern den Bock zu beschlagnahmen, weil sie keinen oder einen nicht EN-geprüften Helm trugen, ist komplett hysterisch, denn eigentlich kann man es ja einem Menschen ja wohl selbst überlassen, ob er sich seine Knochen beim Motorradfahren, beim Freeclimben oder auf dem Fußballplatz bricht, was geht das die Obrigkeit an?

    Weshalb ich mich dennoch nicht an einer Petition/einem Sternmarsch/einem Generalstreik gegen die geplante ABS-Ausrüstungspflicht teinehmen lässt, ist ein egoistischer Gedanke:

    Ich möchte in Zukunft nur noch Moppeds mit ABS fahren, und es stört mich, dass witzige Kräder wie die Guzzi V7, die Yamaha MT-01, die Triumph Scrambler und die Kawa 800W nicht mit ABS lieferbar sind. Sie werden es sein, wenn ABS zur Pflicht wird. Und um weitere heftige Einschnitte in die Freiheit des Motorradfahrens zu verhindern, müssen wir drei Dinge tun: Die wirklichen Beweggründe des Gegners verstehen (Es geht vor allem um Lärmbelästigung. Suizid ist leiser als Moppedfahren, fordert aber zwanzigmal so viele Todesopfer), uns solidarisieren und die vorgeschobenen Argumente des Gegners entkräften. Nach einer Allianz-Studie könnte ABS am Mopped bis zu 200 Verkehrstote pro Jahr vermeiden, das wären rund 25%. Händewaschen im Krankenhaus würde noch viel mehr Menschen retten, aber auf übertriebene Logik würde ich da nicht setzen.

    Ist das moralisch, ein Gesetz zu begrüßen, weil man zufälligerweise mal davon profitiert, obwohl das Gesetz im Kern eigentlich der eigenen Philosophie widerspricht? Eigentlich nicht, aber das ist mir relativ wurscht, denn sonst käme ich ja aus der Seelenpein nicht mehr heraus.

    Und sollte man das Anliegen eines Menschen unterstützen, der keine Großbuchstaben benutzt? Ich weiß nicht, ich fühle mich bei so was als Leser immer ein wenig geringgeschätzt.

  • Clemens Gleich meinte am 29. September 2011 um 16:23:

    Dass er nur klein schreibt, finde ich auch scheiße. Helfen tut ihm das wirklich nicht.

    Zu Deinen Gründen: Im Gegenteil bin ich erfreut über die Darlegung Deiner Beweggründe, weil sie zeigen, dass Du a) denken kannst und b) einigermaßen ehrlich zu Dir sein kannst („ich bin egoistisch“). Schon zu dieser vergleichsweise geringen Reflektion sind erschreckend wenige Leute fähig.

  • Dirk Sinß meinte am 30. September 2011 um 9:19:

    Ha! Hab ich´s doch gewußt. Es gibt Mitstreiter.
    ABS gehört in Autos. Ganz besonders in diese-welche, die zu Berufspendlern gehören.
    Und zwingend dazu eine Traktionskontrolle, Schildererkennung, Einparkhilfe und *tärää* ein Rundumlicht, orange. (Gibt´s schon eine Pedition hierzu?)
    Ich kann das beurteilen. Ich bin auch Berufspendler. Es is haarsträubend (bei mir ist´s mittlerweile mehr die Rückenbehaarung denn das Haupthaar) zu beobachten wie zu diesen Stoßzeiten auf D´s Straßen gefahren wird.
    Das wird nur noch von X5/Touareg/XC90 (heißt der Volvo so?) „pilotierenden“ Mamis auf dem Weg zu KiGa und KiHort übertroffen.
    Rundumsensorik, Allrad, ESP und Uberschlagschutz serienmäßig, aber unterwegs -nassgeschwitzt- mit stramm eingehaltenen 60km/h, außerorts……..und vorm KiGa auch.
    Über die Damen der mobilen Pflegedienste breite ich mal den Mantel des Schweigens. Es gibt auch keine Worte in der ansonsten wortgewaltigen deutschen Sprache die deren Fahr- und Parkkünste zureffend beschreiben.

    Was ich sagen wollte: Allen denen sei Ihr Sensorikgelumps gegönnt, gerne per Gesetz.

    Wer sich aber aktiv mit der Fahrphysik eines Einspurfahrzeuges auseinandersetzen will, dem wird sowas zur Pein.
    Das fing mit mitrechnenden Gasgriffen an und hört bei der Traktionskontrolle noch lange nicht auf.

    Ich befürchte nur, man wird es nicht aufhalten können.

    Gestern habe ich mir zum ersten Mal ein Klassik-Mopped-Heft gekauft. Mit nur 43 Jahren.
    Weine könnt´ich, weine…..[Sven Hieronymus]

  • Yul Brynner meinte am 30. September 2011 um 15:12:

    jetzt ist es natürlich zu spät, das dürfte allen klar sein. was mich viel mehr aufregt sind die trittbrettfahrer bei dem thema gegen regelsysteme bei motorrädern. die hauptschuld trifft neben den unmündigen einzelkunden die sogenannte (bezahlte) fachpresse, die über die letzten jahre hinweg genau die pro regelsysteme einstellung getragen hat. einige von den versuchen jetzt in ihren magazinen den umkehrschwung zu finden um wieder einmal der lesenden masse in den arsch zu krichen.
    einer ganzen generation wurde eine geistige gesunde grundeinstellung zum motorradfahren auf politische art und weise entzogen – sie wurden einfach umerzogen. damit hat sich das thema für alle zeit erledigt. was in zukunft noch helfen wird, sind seitenschneider und technische profis die uns einen kitkabelbaum basteln werden der ohne den ganzen glimpim funktioniert und wir wie in alten zeiten auf gesetzesvorgaben sch………..

  • Clemens Gleich meinte am 30. September 2011 um 15:25:

    Die Erziehung der folgenden Generationen betrifft ja nur am Rande Motorräder (die da natürlich schlecht wegkommen). Sie setzt allerdings, und das finde ich krass, einige sehr klare Denkverbote, die nicht explizit sind, aber durch ihre implizite Einforderung per Gruppenkonventionen nur umso perfider. Mir fallen sofort fünf prinzipiell völlig harmlose Gedankengänge ein, die jede Konversation an einem beliebigen Bionade-Stammtisch komplett ins Erliegen bringen werden, weil sie regelrecht tabu sind – wohlgemerkt: 2011! Die Meinungen sind (egal, ob richtig oder falsch) fertig, unumstößlich, quasireligiös, und wie jede (Quasi-)Religion hemmen sie den Fortschritt ungemein.

  • Willi Bremer meinte am 30. September 2011 um 15:30:

    Ich mag nicht per Gesetz zu meinem Glück gezwungen werden, basta!

    Ich hatte mich zu diesen elektronischen Helferlein schon im Leserbrief „ Burt Munro fuhr noch ohne“ geäußert und habe meine Meinung nicht geändert.

    ABS mit Aufpreis auf Kundenwunsch geht vollkommen in Ordnung,
    Zur Not auch ohne ABS mit Aufpreis , aber ABS per Gesetz als Voraussetzung
    für die Homologation neuer Modelle ist unnötige Bevormundung des Bürgers.
    Es gibt mir schon jetzt zuviel Vollkasko Mentalität in diesem Land.

  • Yul Brynner meinte am 1. Oktober 2011 um 11:44:

    wir sind alle zusammen(moperlfahrer) anscheinend nicht in der lage verausschauend zu agieren oder vielleicht auch nur zu bequem dazu kommende aufkeimende änderungen die später zu einem diktat werden bereits im keim zuersticken. dabei ist es nicht so schwer zu erkennen in welche richtung die elektronische beformundung geht, war auch beim abs nicht anders. der zug fährt und ist nicht mehr zu stoppen, so siehts aus.
    anstatt sich die motorrad fahrende welt dagegen rechtzeitig aufgelehnt hätte als die ersten unnötigen abs modelle auf dem markt erschienen sind. aber damals galt ja für alle treu nach dem gesetz“ solange es mich nicht pers. betrifft is es mir egal“ einstellung. anstatt massiv dagegen anzugehen und solche modelle einfach zu boykottieren wurde das thema stillschweigend hingenommen. sogar bei parteien funtkioniert das system, wenn es den volk reicht wird einfach der haufen nicht mehr gewählt oder im notfall sogar mit gewalt entfernt(derzeit sehr modern). nur in der wirtschaft und mit dem umgang der käufer scheint das nicht zu funktionieren, traurig aber wahr.
    ich hab zu dem thema allgemein seinerzeit einen recht guten artikel gelesen, der zum thema motorräder sagte: der motorradfahrer als solches wird deshalb von allen nicht motorradfahrern(dazu gehören auch die arschgeigen die diese hirnlosen gesetze vorschlagen und beschliesen) angefeindet und direkt oder indirekt bekämpft, weil sie sich ausserhalb der gewohnten eingeschrämkten trägheitsmasse der massenfortbewegung befinden. alleine das anders sein reicht aus um neid, hass und wut bei den angepassten antstehen zu lassen.
    die wollen das wir auf kurz oder lang gleich beschnitten unterwegs sind wie sie selber mit ihren 4 rädern.

  • Tobias meinte am 2. Oktober 2011 um 10:18:

    Jetzt mal aus meiner (noch recht jungen) rein subjektiven Sicht.

    Seit ich Motorrad/Auto fahre ist es das selbe.
    Leute die bei jeder neuen Entwicklung dagegen sind, weil es:
    -dich bevormundet
    -sowieso dauernd kaputt ist
    -nicht auf dem Heimweg mit Draht und Hammer zu reparieren ist
    -von Leuten benutzt wird die dumm oder ängstlich sind
    Das lässt sich recht lange weiterführen.

    Von einem Gesetzt halte ich jetzt auch nicht viel, aber ein freiwiliges
    Abkommen der Industrie wäre angebracht (bitte mit Knopf zum ausschalten) denn es sollte nicht Zwang sondern Einsicht dahinter stehen.

    Die Diskussionen sind seit jahrzehnten die selben, Helmpflicht, Gurtpflicht, ABS (Auto), ESP, Einspritzung, Benzinmotor statt Pferd alles doof.
    Demnach müssten wir für jeden der Durch Afrika fahren will (oder es jedenfalls meint) eine Vergaserversion im Hinterzimmer stehen haben.

    Was Jens Wie­den­mann Schreibt Klingt etwas nach dem Wunsch wieder etwas zu Spüren beim Motorrad fahren.
    Grenzbereiche erfahren die Angst spüren die man im Alltag nicht hat aber die unser Köper manchmal verlangt, danach klingt das:

    „noch in schräglage früh das gas aufzuziehen, den schmalen grat der reifenhaftung zu kontrollieren – das ist es doch, was einen gutteil des reizes am schnellen motorradfahren ausmacht.
    in diesem sinne ist der einsatz einer traktionskontrolle zutiefst unsportlich.“

    Aber die vielbeschworene Freiheit bekommt man nicht durch ein sportlich blockierendes Vorderrad sondern die kommt aus einem selbst (siehe Hubert) nicht das ABS Sperrt euch ein sondern nur ihr selbst (oje klingt jetz etwas hochgestochen tut mir leid).

    Ich wünsche mir das jeder mal ehrlich zu sich selbst ist , ja ich weiss es ist unangenehm ich hass das auch, dann könnte man vielleicht auch Kommentare unter Artikeln wieder Lesen (Mojomag ist hier eine er wenigen Ausnahmen 🙂 ) und die Homoöpaten in den Wald jagen.

    Jetzt zerfleischt mich aber wenn man sein ganzes Leben die selben Diskussionen nur mit unterschiedlichen Substantiven hört reichts einem.

    PS:
    Ich fahre eine SRX600 (Bj 86) als Alltagsfahrzeug, da ich kein Auto besitze und ich würde sie niemals gegen eine vollgeregelte BMW eintauschen und finde ABS trotzdem gut.

    • Clemens Gleich meinte am 3. Oktober 2011 um 15:06:

      Tobias, genau das meine ich doch: Eine Industrieregelung reicht völlig aus, vor allem weil es in Deutschland bei vielen Modellen eine ABS-Quote von nahezu 100 Prozent gibt. Solange sich der Markt derart effektiv allein regelt, sind solche Gesetze scheiße. Es geht nicht darum, Technik scheiße zu finden (ich mag die Ewiggestrigen auch nicht), sondern es geht darum, die bestmögliche Technik zu haben, und die kann es nur geben, wenn Konstrukteure frei denken und in einem echten Wettbewerb zueinander konstruieren. Und nebenbei bleibt bei solchen emergenten Lösungen mehr Freiraum für jeden.

  • markus meinte am 4. Oktober 2011 um 19:58:

    Vorfahrt genommen
    Vorderrad überbremst
    in Gegenverkehr gerutscht
    tot
    kein ABS

  • sinsser (aka Dirk Sinß) meinte am 5. Oktober 2011 um 8:34:

    In Alpen Serpentinen runtergebrettert
    Kehre angebremst
    Bodenwelle
    ABS macht Bremse auf
    in Leitplanke gerauscht
    tot

    Danke, ABS.

    PS:
    Zum Thema Sensorik:
    Es gibt schon den ersten Sturz in der MotoGP, weil trotz Gaswegnehmens der Motor auf Vollast weitergelaufen ist.
    Und das auf höchstem technischen Niveau im Rennsport. Wie mag das bei schlecht gewarteten, 8-10 jahre alten Alltags-Moppeds aussehen?

  • Tobias meinte am 7. Oktober 2011 um 21:51:

    Leider schläft die Motorradindustrie in manchen Berreichen gerne vor sich hin, das ganze Thema müssten wir nicht haben wenn ABS für jede Baureihe als extra erhältlich wäre.
    Wenn ich mir den Markt anschaue sind genau die paar Motorräder die ich mir kaufen würde nicht mit ABS zu haben.
    Aber wenn ich mir schon ein neues Motorrad kaufe verlange ich so ein selbstverständliches Bauteil, ansonsten bleibe ich bei dem was ich habe.
    Hoffentlich sind diese EU Gedankenspielchen der alten Männer genau der Stiefel im Arsch der Motorradindustrie den sie brauchen um dem ganzen zuvorzukommen und dann nicht im Zwang handeln zu müssen.

    @sinsser

    Genau aus diesem Grund sind Drive by Wire systeme redundant aufgebaut was ein Versagen unwahrscheinlich macht (die Propellerträger denken schon mit), in der MotoGP sind solche Sicherheitsysteme wahrscheinlich nicht in Verwendung.

    Ob das aufmachen bei Bodenwellen bei aktuellen System immer noch ein grosses Thema ist würde mich allerdings auch mal interessieren.

  • toex meinte am 8. Oktober 2011 um 13:04:

    Es wird ja keiner bestreiten, dass ein gutes! ABS durchaus nützlich ist. Aber genau da liegt doch das Problem einer ABS-Pflicht: Dadurch wird nicht sicher gestellt, dass ein ABS auch wirklich gut ist.
    Wenn ich vor die Wahl gestellt würde, dann würde ich mir lieber ein Motorrad mit einer gut Bremse ohne ABS als eins mit einem schlechten ABS kaufen.

    Die Entwicklung und Anpassung eines ABS an ein bestimmtes Motorrad sehr schwierig (und teuer). Vor allem bei kleineren Modellreihen müssten diese Kosten dann auf recht wenige verkaufte Motorräder umgelegt werden. Die geringen Stückzahlen sind übrigens auch der Grund, warum sich die Motorradindustrie bei der ABS-Einführung viel schwerer als die Autoindustrie tut.

    Ich befürchte deshalb, dass durch eine verpflichtende Einführung von ABS, insbesondere bei kleinen Modellreihen, die Qualität der Abstimmung der Systeme leiden (Hauptsache ABS) oder die Motorradpreise signifikant steigen könnten. Oder solche Modellreihen werden einfach nicht mehr auf dem europäischen Markt angeboten.

    Im Übrigen wird durch das Gesetz ABS auch für Motorräder Pflicht, für die ABS absolut kontraproduktiv wäre, z.B. solche die vorwiegend im Gelände bewegt werde.

  • Frank Kemper meinte am 9. Oktober 2011 um 15:47:

    Mir wird bei der ganzen Diskussion ein bisschen zu viel in einen Topf geworfen. Der Gesetzgeber schreibt Lärm- und Emissionsgrenzen vor, und die Motivation kann ich gut verstehen, denn es ist ja irgendwie nicht einzusehen, dass ein 500er Spaßkrad mehr Gift und Lärm in die Atmosphäre pustet als der Minivan des Durchschnittswählers. Der Gesetzgeber plant ABS vorzuschreiben, das kann man kontrovers diskutieren. Aber er plant keineswegs Drive By Wire, Keyless Entry und elektronisch geregelte Sackheizung gesetzlich einzuführen. Auch Traktionskontolle stand wohl mal auf der Liste, ist aber ebenso wieder von ihr verschwunden wie eine Leistungsbegrenzung. Wer findet, dass eine elektronisch angesteuerte Tachonadel ihn vom wahren, puren Feeling der mechanisch im Wind zappelnden, da wellengetriebenen Analoginstrumente entfremdet, muss das ganze neumodische Zeug ja nicht kaufen. Es geht um ABS, ansonsten um nichts.

    Und Horrorszenarien von ABS-Systemen, die den Fahrer durch Fehlfunktion in den Tod schicken und von Drive-by-Wire-Steuerungen, die das Gas nicht wieder zu machen, sind doch bei Lichte betrachtet Bullshit: Wie viele Vergaserschieber sind denn schon wegen hakender Bowdenzüge offen geblieben? Und wie viele Motorradfahrer legen sich mit überbremstem Vorderrad aufs Maul für den einen, der sich über Regelungsscherereien bei ABS beklagt? Die Befürchtung, dass die Bremssysteme in ihrer Qualität schlechter würden, wenn alle ABS hätten, kann ich nicht nachvollziehen. Im Moment reichtes doch vuielfach schon aus, irgendein ABS an bord zu haben, um einen „Motorrad“-Vergleichstest zu gewinnen. In Zukunft wird „irgendein“ ABS nicht mehr reichen. Und wer zum Beispiel glaubt, Fahrwerke und Bremsen von PKW aus der Vor-ABS-und ESP-Ära seien besser gewesen als heute, der sollte mal den Unterschied ausprobieren.

    Ich höre immer wieder das Gejammere vieler Motorradfahrer über mangelnden Nachwuchs. Wie soll sich ein Hobby denn jungen Leuten attraktiv präsentieren, das von vielen Alten so fortschrittsfeindlich betrieben wird?

  • sinsser meinte am 10. Oktober 2011 um 8:47:

    @tobias

    Ich weiß, dass meine Hausmarke KTM beispielsweise bei der 690er Duke einen Gaszug redundant zum Drive-by-wire verlegt.

    Das zeigt aber doch auch, das die Bedenken zur dauerhaften Funktionalität nicht unangebracht sind, und selbst die Hersteller sich mittels klassischer Hardware absichern.

    Kann mir das mal einer schlüssig erklären? Wenn ich für das Bus-System eine Hardware-Redundanz brauche, warum nutze ich dann nicht direkt und ausschließlich die (in diesem Fall vermutet) unanfälligere Hardware?

    Zum eigentlichen Thema ABS nochmal: Berufsbedingt bin ich (muss ich) ziemlich technikaffin sein, der Verdacht des Ewiggestrigen lässt sich damit zwar nur bedingt abschwächen, aber:
    Technische Hilfen, die Wartung reduzieren ,Leistung oder Performance verbessern (siehe kontaktlose Zündung), sind stets willkommen.
    Systeme, die mir das Feeling für die Fahrphysik verwässern oder noch viel schlimmer, mir die Entscheidungsgewalt abnehmen (aka Entmündigung), können mir gestohlen bleiben. Die gehören in Wohnungen oder Autos, aber nicht in/an mein Motorrad.

    Wenn das dann bedeutet ein Mitglied der Gruppe der Ewiggestrigen zu sein bitte, dann gehöre ich mit Stolz dazu.

    Überhaupt stört mich der Negativtouch dieser Bezeichnung etwas. Hätte man manches Gutes aus der Vergangenheit in die Neuzeit transportiert, würde so manches heutige Menschheitsproblem sicher geringer ausfallen.
    Der Wahn, das alles Neue zwangsläufig besser ist als althergebrachtes ist genauso ein Holzweg wie umgekehrt.
    Um es mit Loriot zu sagen: „Früeher war mehr Lametta“

  • SQtreiber Holger meinte am 10. Oktober 2011 um 17:47:

    Es freut mich vorallen für den Jens, dass hier so eine interessante Diskussion läuft, ist er mir doch mein liebster Moped-Freund, wohnt bei mir umme Ecke und deshalb wir rollen wir seit Jahren schon 90 % unserer km gemeinsam ab, er „ohne“ ich immer „mit“ trotzdem verstehen wir uns bestens.
    Seine Intention kann ich sehr gut verstehen, deshalb hab ich die Petition auch unterschrieben, ich denke, hier hat sich mal wieder die Lobby erfolgreich mit der Formulierung eines Gesetzes durchgesetzt. Eine Industrieregelung halten die scheinbar für zu wenig zielführend, geht es doch schlicht um Gewinnmaximierung. Schließlich kann man auch unliebsame Konkurrenz, die kein „Technikzoll“ an die hiesige Industrie zahlen will, gleich ausschließen. Die verdienen dann halt zukünftig bei jedem zugelassenen Zweirad noch mehr mit… Marktpotential winkt… selbst mit dem Fahrrad kann man blitzschnell auf der Bremse auf die Fresse fliegen, und mit jedem Akku können zukünftig auch solche Systeme versorgt werden. Die Marketingstrategen werden uns das dann schon erläutern.

    Ich bin bekennender „Bremsgrobmotoriker“, ja ich stell mein ABS (BMW R 1200 S) nocht nicht mal auf der Rennstrecke aus, da ich nicht um Zehntel kämpfe, aber durchaus mit den Haien schwimmen kann, nutze ich die Vorteile, beispielsweise hab ich schon mehrfach Stürze oder Abräumaktionen ala Rossi und Stoner vermieden, wenn mir einer mal vor der Kurve die Tür zumacht, geht das Teil sogar im Regelbereich auf Vorderrad. Witzig , ich hab gelernt damit umzugehen und komme gut damit klar.
    Es macht auf jeden Fall auch mehr Laune als eigene und fremde Brocken einzusammeln und zu bezahlen ;-). Die Nachteile des Aufmachens sind mir vertraut und damit kann ich gut umgehen und über die durchaus spassige Herausforderung von Regelbereich und Schräglage hat Clemens ja schon berichtet. Guter, authentischer Artikel übrigens, wie so vieles hier!

    Ich sehe es schon kommen, die zukünftige Modellpolitik wird noch langweiliger, Herstellerkooperationen werden sich die Kosten für die Abstimmung der Systeme teilen und dann haben wir die Aprillia die, zugleich eine BMW, Guzzi und Triumph ist, welche für KTM in Indien gefertigt wird … Bodengruppe bei allen gleich, mit Lack- und Optikvarianten von Swatch – das wird dann sehr übersichtlich würde Loriot sagen….

    Grausen, Grausen, Grausen.

  • jensinberlin meinte am 11. Oktober 2011 um 22:36:

    huch, hier ist ja richtig was los, das hatte gar nicht gesehen! mir scheint, zu diesem kommentarhabarber muss man um eine ecke mehr laufen also sonst. mein motorradkumpel holle, der, mit dem ich bestimmt 60 prozent 😉 meiner kilometer gemeinsam fahre, hat mich gestern abend darauf aufmerksam gemacht.
    ich habe kurz überlegt, gezaudert beinahe, ob ich hier überhaupt stellung nehmen soll. weil doch die gefahr besteht – nein, weil es ganz sicher ist – dass ich mich wiederhole. und wiederholungen sind, ausser auf der rennstrecke, meist grottenlangweilig.
    aber da ich nun schon mal auf meiner antifahda bin und ein beitrag auf mojomag an einem tag mehr leser hat, als auf antifah in 10 jahren …
    wie ihr unschwer feststellen konntet, geht es mir mit meinem aufruf „ antifah!“ nicht darum, jemanden abzuholen und mitzunehmen, einvernehmlich zu sein, sondern darum, einen standpunkt explizit zu formulieren.
    das diskutieren mit den gegnern, mit denjenigen, die das recht auf autonome entscheidungen verneinen, wie auch mit denen, die generell unnützes und gefährliches herumgefahre ablehnen, sowie der versuch, ihre argumente zu entkräften, überlasse ich anderen. das gespräch mit ihnen ist nach meiner einschätzung so wenig erfolgreich, wie es meine ins eu-parlament eingebrachte petition sein wird. und eine diskussion über die richtige, erfolgversprechende vorgehensweise der motorrradfahrer, die es als homogenes, ihre interessen vertretendes gebilde ja noch nicht mal gibt, eine akademische.
    mir geht es auf und mit antifah um das freisein von fahrhilfen, den sogenannten fasm. assistenzsystemen, die eine fahraufgabe anstelle des fahrers ausführen. wer nichts darüber weiss, aber mehr darüber wissen möchte, kann das gerne hier (http://www.antifah.de/2011/10/11/fasm/) nachlesen. das abs gehört dazu, die traktionskontrolle und auch das esp aus dem automobilbereich. das dort übrigens für neue typzuprüfende baureihen bereits ab november diesen jahren zusammen mit abs eu-weit vorgeschrieben sein wird. ab 2013 dann für alle pkws, auch für ein reines fahrspassgerät wie einen lotus elise.
    diese fasm werden sich in den nächsten weiter ausbreiten, neue werden hinzukommen und sich auf dem markt etablieren. ich sehe sicher keine windmühlen am horizont , wenn ich sage, dass auch ihr gesetzlich vorgeschriebener einbau weiter vorangetrieben wird. für die hersteller sind diese systeme ein riesiger zukunftsmarkt, der sich mit unterstützung des gesetzgebers fruchtbar bestellen lässt.
    wir stehen dabei erst am anfang einer entwicklung, die nicht nur eine rein technische sein wird, sondern auch rechtliche konsequenzen haben wird. das system verkehr wird umgebaut werden, von einem heute noch mit freiheitsgraden versehenen individuellen hin zu einem systemisch-gebunden interagierenden. noch fahren wir auf der grundlage der wiener konvention, einem un-vertrag in der gegend herum, wiewohl sich fasm wie das abs und das esp bereits in einem konflikt zu der dort formulierten prämisse befinden, dass der fahrer sein fahrzeug vollständig selbst zu beherrschen hat. an einer neu formulierten auflage dieses un-vertrags wird bereits gearbeitet. die zielvorstellung der eu ist dabei die sogenannte vision zero, (siehe dazu auch http://www.antifah.de/2011/10/09/null-tote/null tote) die ausdrücklich formuliert, dass es die aufgabe der öffentlichen hand ist, fahrfehler oder missverhalten des einzelnen verkehrsteilnehmers unmöglich zu machen.
    ob mit, ob ohne, ob gross, ob klein. ich habe ja nicht erwartet, als ich im februar diesen jahres meinen aufruf anitfah! ins netz stellte, dass meine konsequente kleinschreibung dermaßen missfällt. insofern hat clemens recht, helfen tut sie mir bei der verkündung meiner botschaft wahrlich nicht. doch was soll ich tun? da ich sie doch seit vielen jahrzehnten – privat – betreibe und vertrete; sie gut finde. sie aufgeben für eine paar lumpige unterschriften mehr unter meine petition? verwundert bin ich, wenn ich lese, dass sich jemand durch sie gering geschätzt fühlt, für diese emotionale begründung fehlt mir die empathie. sind doch alle buchstaben da, die für`s verständnis nötig sind. und insgesamt sollte sich doch aus meinen texten mein bemühen um eine verständliche, klar strukturierte sprache herauslesen lassen. was ja keine selbstverständlichkeit ist, in dieser zeit der schnell mal ins internet gerotzten texte.
    dabei ist meine kleinschreibung kein dogma. wenn jemand käme und mir eine gar nicht so grosse anzahl an geldscheinen auf den tisch zählen würde, mit der bitte, motorräder zu fahren und darüber zu schreiben – mit der maßgabe, das mit ordentlich verteilten großbuchstaben zu tun, dann würde ich das sofort machen. ich würd´s auch tun, wenn es motorräder mit abs und traktionskontrolle wären. nicht aber – hier fände der tagtraum ein jähes ende – wenn erwartet würde, dass ich diese syteme schön schreibe.

  • markus meinte am 17. Oktober 2011 um 21:24:

    Motorradunfalltote:

    Durch die Entwicklung der Verkehrsunfalltoten in den letzten Jahren sind wir Motorradfahrer in Zugzwang gekommen. Die PKW-Unfalltoten haben sich in den letzten Jahren bis auf 25 Prozent herunterentwickelt. Der aktuelle Stand der Verkehrsunfalltoten wird bei unter 3000 Opfern pro Jahr hier in Deutschland liegen. Ein großen Anteil daran tragen die passiven Schutzsystemen in modernen PKW‘s. Also mehrfache Airbags, Fahrsicherheitsssysteme, passivere Karosserien.

    Bei den Motorradunfallzahlen ist seit Jahren eine gewisse Stagnation eingetreten. Die Unfallzahlen schwanken nur noch darum ob es ein schöner Sommer war und viel gefahren wurde oder nicht.
    2011 gab es gefühlte viele Motorradtote, aber das kann auch in der Vernetzung und der Medienpräsenz liegen. Die Sommermonate waren nämlich verregnet, deshalb denke ich, werden wir verhältnismäßig wenige Motorradtote haben.

    Grundsätzlich ändert das aber das Problem nicht, die Gesetzgebung, sowohl im Bund als auch in der EU zielt auf ein Null-Opfer Politik im Straßenverkehr. Wir Motorradfahrer dürfen deshalb nicht kompromißlos unsere Individualität hochhalten, sondern müssen proaktiv Ideen zur Unfallsenkung vorschlagen. Sonst bekommen wir gesagt was gemacht wird.

    Ich mache jetzt mal 3 einfache technische Vorschläge, die meines Erachtens die Unfalltoten bei den Motorradfahrern halbieren würden:

    1. Leitplanken (vor allem in Kurven) alle mit Unterfahrschutz ausrüsten
    2. ABS-Pflicht für alle neuen Motorräder
    3. Airbagpflicht zusätzlich zur Helmpflicht

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