„Hilfe! Ist meine Datenschutzerklärung korrekt?!“

Vielleicht bist du hier über meine Überschrift reingestolpert, weil du dich ebendas wie viele gerade fragst. Die ehrliche Antwort: Das weiß aktuell keiner. Das heißt einerseits, dass du dir nix andrehen lassen solltest, das Geld kostet. Andererseits und hauptsächlich ist gerade das jedoch die große Schweinerei. Wir haben hier ein neues Gesetz, zu dem die Legislative letztendlich sagt, dass die Gerichte und wir alle das zusammen konkretisieren sollen, wo es unklar blieb, nicht nur im juristisch wichtigen Auslegungsspielraum, sondern vor allem in seiner Intention. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist ein Gesetz, an dem wir alle in einem öffentlichen Betatest teilnehmen.

Wie die meisten Websites habe ich die Gelegenheit genutzt, ein bisschen auf meine Datenverarbeitung zu schauen, sie aufzuräumen und dann die auch vorher schon gesetzlich geforderte Datenschutzerklärung anzupassen. Der neue Text ist kürzer als der alte. Je länger ein Text, umso weniger Leser hat er im Schnitt, wenn es um Hinweise geht. Oder schon mal eine EULA durchgelesen? Damit demonstriere ich meinen Willen, am öffentlichen Diskurs auch zum Thema Datenschutz teilzunehmen, denn die DSGVO verlangt ja lesbare, einfache Sprache. Trotzdem fällt es schwer, hier nicht in das heutige Analogon zum damaligen Weichert-Hass zu verfallen.

Fräulein Albrechts Gespür für „Ne!“

Der Verantwortliche für die DSGVO im Europaparlament Jan-Philipp Albrecht hat sich kürzlich auf seiner Website gerechtfertigt für seinen Gesetzesentwurf. Die Angst der kleinen Website-Betreiber fegt er arrogant als unbegründet weg, Kritiken am Gesetz nennt er „Mythen“ und er relativiert, dass man doch gar nicht so viel tun müsse im Vergleich zu vorher. Das stimmt aber nicht.

Die vielen kleinen Details der DSGVO im Vergleich zum Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) haben es arbeitstechnisch für viele Firmen ziemlich in sich. Da kann und sollte man natürlich diskutieren, ob es das unserer Gesellschaft wert ist, den Datenmoloch in den Griff zu kriegen, bevor er unsere Kinderdaten frisst, aber diesen Aufwand einfach abzustreiten, das ist eine Frechheit. Genauso ist es eine Frechheit, die Ängste der kleinen Website-Betreiber „unbegründet“ zu nennen, wenn der Grund für deren Unsicherheit doch gerade die Vagheit deines Gesetzes ist, Jan-Philipp.

Entgegen deiner Prognose gab es nämlich durchaus Abmahnparasiten, die deine erzeugte Unsicherheit ausnutzten, und zwar gleich am ersten Geltungstag. Natürlich waren das Opportunisten, natürlich waren das wenige, natürlich hat das Abmahnrechtsproblem nichts mit dem Datenschutz an sich zu tun, aber ebenso natürlich haben Menschen auch Angst vor Dingen, die tatsächlich passieren. Abmahnopportunisten: passiert. Riesenaufwand: passiert. Riesige Rechtsunsicherheit: passiert, passiert, passiert.

Der deutsche Schlechtstaat

Der deutsche Gesetzgeber hilft hier nur wenig weiter. Schweden hat zur DSGVO klargestellt, dass jeglicher öffentliche Diskurs im Rahmen der Meinungsfreiheit unter das Medienprivileg fällt, sodass kleine Bürger sich eben nicht die deutschen Sorgen machen müssen über ein Gesetz, das für riesige Datenkraken gedacht ist und sie als Beifang viel schlimmer drückt. Für mich ist es einfacher. Die Regierung hat nach langem Ähm, Ähm klargestellt, dass das Kunst-Urheber-Gesetz weiterhin gilt, als Baustein „Medienprivileg“ in der DSGVO. Anders als in Schweden trennen deutsche Gerichte allerdings gern zwischen wichtiger öffentlicher Meinungsäußerung (ganz sicher Fazspiegelbild.de) und unwerter öffentlicher Meinungsäußerung (vielleicht du). Die Deutschen lieben einfach das Institutionelle.

Deshalb haben viele kleine Seiten einfach geschlossen, auch welche mit durchaus interessanten Informationen. Generell kann ein Rückzug aus dem öffentlichen Diskurs einer Demokratie nur schlechttun. Da geht es nicht darum, ob „Ullas unfundiertes Geseier zum Strafrecht“ wirklich hilft, sondern da geht es darum, dass sich Ulla beteiligt, damit ihr widersprochen werden kann und sie im Idealfall noch einmal neu nachdenkt. Ich fand den öffentlichen Diskurs immer schon wichtig, denn er ist das, was anders als der Wahltag jeden Tag zur Verfügung steht. Deshalb schließe ich hier auch goar nix.

Ich sage euch aber auch nicht, dass ihr blöd seid, wenn ihr das getan habt. Die Verunsicherung ist Jan-Philipps Schuld, zusammen mit den anderen EU-Parlamentariern, die sich die Realität dazu nicht vorstellen konnten, zusammen mit den Medien, die zwei Jahre nichts berichtet und dann wie alle kopflos herumgeschrien haben, als es zu spät war. Schaffen wir also Tatsachen in unserer Public Beta. Vielleicht möchte mich ja einer von euch abmahnen, auf dass ich ihn mit dem dieselfeurigen Schwert der Rechtschaffenheit durch den Mastdarm aufspieße als Exempel für die, die da noch woanders wemanders irgendwie so kommen wollten. Aber ideal ist das nicht …

Gib mir 'nen Euro für Mastdarmdiesel! ?

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Kommentare:

ältere
  • Volker meinte am 19. Juni 2018 um 10:54:

    Vielleicht sollte man den/seine Datenschutzbelehrung folgendermaßen verändern:

    „Bei Deinem Besuch auf meiner Webseite erhebe ich sämtliche Daten, die ich kriegen kann. IP-Adresse, Browserausstattung, Name und Anschrift (wenn Du sie mir verrätst), Blutgruppe, Körbchengröße Deiner Freundin, usw. und speichere sie für die Ewigkeit. Wenn es mir taugt, gebe ich den Datensatz weiter an wen ich will. Falls das für Dich inakzaptabel ist, geh weg. Mein Haus, meine Regeln.“.

    Gibt das die deutsche Vertragsfreiheit nicht irgendwie her?

  • Clemens Gleich meinte am 19. Juni 2018 um 16:43:

    Du müsstest noch belegen, WARUM Du die Körbchengröße für eine Ewigkeit brauchst, wegen Transparenz und so. Ansonsten ist diese Passage in etwa das, was Facebook in lang ausgeführt sagt.

    • Volker meinte am 20. Juni 2018 um 9:17:

      Ahso. Das mit dem „Warum“ ist freilich leicht. Weil ich der perverse, fette, alte Stalker ganz in Deiner (oder sonstwem seiner) Nähe bin, der – nur mit Schiesser-Unterhose und -hemd bekleidet – über Frauenbekleidungskataloge masturbiert und deswegen natürlich genau wissen muß, wie seine virtuellen Besucherinnen aussehen.

      Finds übrigens recht witzig, wieviele Mails (meist irgendwelche Headhunter) ich in der letzten Zeit bekommen habe, wo um eine Einwilligung zur Datenverarbeitung und -speicherung gebettelt wurde. IIRC bedeutet Nichtstun meinerseits hier ein Widerspruch, was diese Ektoparasiten aber nicht davon abhält, mich penetrant d. h. mehrfach zu erinnern.

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