Saving Energy: Batterieideen für die Elektrozukunft

Mignon kennt jeder. Aber kennen Sie auch die Baumbatterie, den Straßenbahnkondensator, die betankbare Batterie oder den Spannungswandler für die menschliche Haut?

Eine elektrisch fahrende Zukunft braucht neue Batterietechnik, wenn wir weiterhin mit Porsche Cayennes bei 240 über die deutsche Autobahn cruisen wollen (und das wollen wir). Wir untersuchen gute, mittlere, schlechte, abseitige und mainstreamige Ideen und sprechen außerdem über MacGuyver, weil es sonst keiner tut.

Die betankbare Batterie

Heute: Auto kommt an die Tankstelle. Benzintank ist in zwei Minuten voll. Morgen: Auto kommt an die Tankstelle. Akkus laden länger, als man in einer Kassenschlange steht, in der jeder martialisch „Payback“ verlangt. Eine mögliche Lösung für diese Elektrofahrzeugproblematik sind sogenannte „Redux-Flow“-Batterien. Zwei flüssige Elektrolyte werden in separaten Tanks gespeichert und in einem nochmal separaten Leistungsmodul zusammengebracht, wo sie eine Spannung erzeugen. Die entladenen Produkte fließen in andere Tanks ab, von wo man sie zur Ladung recyclen kann, zum Beispiel beim Bremsen. Man kann aber auch vor allem den ganzen verbrauchten Kladatsch einfach durch schon geladene Elektrolyte austauschen und den langwierigen Ladevorgang der entladenen Flüssigkeiten den Tankstellen überlassen.

Versuchsträgerauto vom Fraunhofer-Institut mit einer Redux-Flow-Batterie. Sieht kartbahntauglich aus für mich. (Bild: Fraunhofer)

Die Baumbatterie

Amerikanische Forscher sind auf Bäume gestoßen. Sie konnten sich nicht vorstellen, wozu sowas gut sein soll, also steckten sie Elektroden hinein und siehe da: Man kann das Zeug zur Stromerzeugung verwenden. Platziert man nämlich metallisch gleichartige Elektroden einmal im Baum, einmal im Boden, entsteht offenbar durch die unterschiedlichen ph-Werte von lebendem Holz und Waldboden eine elektrische Spannung. Allerdings eine winzige: zwischen zwanzig und einigen hundert Millivolt liegen an. Damit lässt sich nicht viel anfangen, daher wollen Forscher von der Uni Washington diese Energie langsam sammeln und für genügsame Sensoren einsetzen, die zum Beispiel Feuchtigkeit oder Waldbrände messen. Indes hat unser Forscherteam unter Dr. Clüm eine hundertfach überlegene, robuste und bewährte Stromquelle aus einem alten Casio-Solartaschenrechner extrahiert und in die USA geschickt. Wir erwarten in Kürze die Auszeichnung mit dem amerikanischen Forschungspreis dafür, dass wir herausgefunden haben, wozu die Sonne gut ist.

Die Sofortladebatterie

Eine weitere Antwort auf die Elektrotankstellenfrage („wieso soll ich so lang warten, mein Oppl Asdra tankt schneller?“) könnte eine Weiterentwicklung von Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien sein, die innerhalb von Sekunden geladen werden kann. Diese Art Batterien gibt es schon, sie erfreuen sich derzeit einiger Beliebtheit als Starterbatterien in Motorrädern oder Rennstreckenfahrzeugen, weil sie deutlich leichter sind als herkömmliche Bleiakkus. Gerbrand Ceder und sein Assistent Byoungwoo Kang vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) konnten so einer Batterie fantastische Ladezeiten von 10 – 20 Sekunden beibringen, wo sie vorher sechs Minuten brauchte. Ceder stellte nämlich fest, dass der Engpass beim Laden gar nicht durch eine etwa zu langsame Bewegung der Ionen entsteht (denn sie bewegen sich offenbar sehr schnell), sondern am Kristallgitter des Metalloxids, wo sich regelrechte „Elektronenstaus“ bildeten. Ceder baute aus glasartigem Lithiumphosphat eine Art Umgehungsautobahn, die diesen Stau auflöst. Weiterer Vorteil: Auch das Entladen geht schneller, die Batterie stellt also mehr Leistung pro Zeiteinheit zur Verfügung.

Strom aus Menschenhaut

Minispannungswandler vom Fraunhofer Institut. Sie hatten noch ein Bild mit einem hübschen Frauenfinger, aber ich habs nicht mehr gefunden. (Bild: Fraunhofer)

Moderne Elektronik braucht oft sehr geringe Mengen an Strom, die man eigentlich direkt am Körper herstellen könnte. Das Problem hierbei sind die oft winzigsten Spannungen, wie sie zum Beispiel die Baumbatterie liefert. Das Fraunhofer Institut hat jetzt einen 1,5 mm x 1,5 mm kleinen Spannungswandler entwickelt, der schon ab 20 Millivolt arbeitet. Diese Spannung könnte ein thermischer Generator liefern, der diese aus der Differenz von Hautwärme zu Umgebungswärme erzeugt. Um etwas Sinnvolles zu tun, sammelt der Wandler die Energie in einem Akku, der dann bis zu 3,3 Volt abgibt. Das reicht als Spannung für den MP3-Player, für das Telefon, für eigentlich alle gängigen Kleinanwendungen. Wie lange man Musik hören kann, nachdem man einen derart ausgestatteten Player einen ganzen Tag am Körper getragen hat, muss sich zeigen (hint: „kurz“), die Entwickler rechnen derzeit immerhin mit Wirkungsgraden von 30 bis 80 Prozent (je nach Last und Eingangsspannung). Hauptexportmarkt könnten die USA sein, wenn dort die Baumbatterie Schule macht.

Essbare Batterie

Reminiszenz an die Schulzeit: schmutzig grauer Linoleumboden, langweilig graue Tische, auffällig graue Physiklehrer. Immerhin konnten sie aus einem Apfel und ein paar schimmligen Steckern Strom erzeugen. Mit zwei galvanisch unterschiedlichen Metallen — meistens nimmt man einfach Kupfer und Zink beziehungsweise verzinktes Eisen — piekt man den sauren Apfel an und erhält eine elektrische Spannung. Mehrere Elektroden und Apfelstücke in Reihe geschaltet erreichen Spannungen von mehreren Volt, die wiederum ausreichen, um Dioden leuchten zu lassen oder eine kleine Uhr zu betreiben. Tatsächlich gab es in den unsäglichen Achtzigern nerdige Digitaluhren, deren vorgesehene Stromquelle ein Apfel war. Dasselbe geht übrigens auch mit Kartoffeln. Wenn einem also einmal unterwegs der Strom ausgeht und man nur Kupferblech, Zinkblech, einen Gulaschspieß aus Holz (das ist wichtig), ein Messer und einen Kartoffelacker zur Verfügung hat, empfiehlt MacGuyver Folgendes: Kartoffeln in Scheiben schneiden, Bleche jeweils abwechselnd dazwischen legen, Strom an den äußeren Kontakten abgreifen. Man kann die Spießbatterie später am Lagerfeuer grillen und essen.

Unsichtbare Batterien

Eines der aktuell spannendsten Forschungsgebiete ist die Nanotechnik. Beschichtungen und Materialtechnik haben schon lange den Weg aus dieser Forschungsdisziplin in den Alltag gefunden, doch Nanomaschinen bleiben weiter Spielzeug für Leute mit Laborzugang. Es gibt zum Beispiel schon Forschungen, Spermageißelzellenmotoren und andere Antriebe für diese Maschinen einzusetzen, nur die Energieversorgung macht noch Kopfschmerzen. Eine mögliche Lösung kommt von der US-amerikanischen Universität Tulsa. Forscher dort gießen einen leitenden Kunststoff in eine Wabenstruktur aus Aluminium, die an beiden Seiten mit einer Elektrodenschicht verschlossen wird. „Ha“, sagen Nörgler jetzt, „das mach ich in meiner Küche auch“, aber die einzelnen Aluwaben sind 60-mal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares. Ähnlich klein sieht jedoch die Stromstärke aus, die diese Batterien liefern: Die Universität Tulsa gibt ein Nanoampere an. Das, geben die Forscher zu bedenken, reiche immerhin für Nanomaschinen aus. Hier ist ein Bild eines fetten solchen Batterieclusters aus meiner Küche ->. So klein ist die nämlich. Die Batterie meine ich, nicht meine Küche.

Die Zuckerbatterie

Zucker enthält eine Menge Energie, das weiß jeder, der schonmal Cola in seine Kinder gefüllt hat, die er danach nicht mehr sedieren konnte. Die in London lebende Designerin Daizi Zheng greift diese Idee in einem Design-Projekt auf, dass sie „für einen Kunden“ erstellt hat. Sie hat eine Attrappe aus einem Telefon mit angeschlossenem Kunstoffcolatank gebaut, denn das Gerät soll seine Energie über Enzyme aus der eingefüllten Zuckerlösung gewinnen. Ihre Batterie soll „mit einer Füllung potenziell drei- bis vielmal so lange halten wie konventionelle Lithium-Batterien“. „Bei einer leeren Batterie bleiben nur Sauerstoff und Wasser übrig“, behauptet sie auf ihrer Website. Ganz so einfach ist es nicht, sonst könnte man Cola an der Tanke nämlich nicht nur im Shop, sondern auch an der Zapfanlage kaufen.

Der Straßenbahnkondensator

Kleiner Ausflug in die Technik: Ein Kondensator ist ein Stromspeicher, der seine Ladungen einfach auf zwei durch ein isolierendes Dielektrikum getrennte Metalloberflächen speichert. Im Vergleich zu einer Batterie hält er viel weniger Energie, kann diese aber viel schneller abgeben und aufnehmen. Außerdem verschleißt er nicht, wie das Akkus tun. Seit Neuestem fährt im Uni-Viertel Heidelberg eine Straßenbahn mit dicken Kondensator-Packs auf dem Dach herum. Ein Grund dafür sind die empfindlichen Messgeräte des physikalisch-technischen Instituts, die bei Nutzung der Oberleitungen anschlagen, ein weiterer ist Energie sparen: Bergab kann die Bahn elektrische bremsend Energie auf dem Dach speichern, statt sie beim Bremsen unnütz als Hitze wegzuwerfen. Es gibt außerdem bereits Geländemotorräder von Suzuki und GasGas, die ohne Batterie eine Einspritzanlage betreiben können: der Kickstarter füllt einen Kondensator, der dann die Pumpe mit Strom versorgt.

Die Suzuki RM-Z 450 hat auch so einen Straßenbahnkondensator, damit man sie ohne Batterie ankicken kann. (Bild: Suzuki)

Die Papierbatterie

Forscher der US-Universität Stanford beschäftigen sich seit einiger Zeit mit Energiespeichern aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen und Silber-Nanodrähten. Jetzt haben sie herausgefunden, dass sich stinknormales Papier ziemlich gut als Trägermaterial eignet, weil es porös ist. Sie tragen es auf wie Tinte und erreichen damit zwar eine Energiedichte, die viel kleiner ist als bei bisherigen Batterien, aber immerhin doppelt so hoch wie jene moderner Superkondensatoren. Weitere Vorteile: Formbarkeit (die Batterie funktioniert auch zerknüllt noch), viele Ladezyklen (ca. 40.000) und einfache Entsorgbarkeit (ca. Papierkorb).

Die bekannte Batterie

Die bewährte Lithium-Ionen-Batterie bleibt ebenfalls nicht stehen. Wissenschaftler in Graz wollen der Technik zu einer doppelten Energiedichte verhelfen. Ihr Ansatz: Die Grazer versetzen ein Siliziumgel mit Lithium und schmieren das als extrem dünne Schicht auf eine Graphitplatte. Bekannte Technik, siginifikant verschlankt. Reichen wird diese Evolution auf längere Sicht jedoch nicht: Die Forscher geben zu, dass für die Zukunft des Elektroautos nicht weniger als eine Revolution nötig ist. Ein anderer Ansatz ist es, den flüssigen Elektrolyten durch eine Polymerfolie zu ersetzen, wie es schon im Modellbau für Hochleistungsfahrzeuge üblich ist. Diese Akkus sind sehr leistungsfähig, aber auch zu empfindlich für den Einsatz im Alltagsauto: Tiefentladen, Überladen, zu hohe oder zu tiefe Temperaturen zerstören sie.

Die gedruckte Batterie

Auch bei der guten alten Wegwerfbatterie gibt es Fortschritte. Das Fraunhofer-Institut hat eine Batterie entwickelt, die dünner als ein Millimeter und leichter als ein Gramm ist. Hierzu werden abwechselnd Schichten aus Mangan und Zink im Siebdruckverfahren aufgetragen — wie beim T-Shirt-Druck. Eine solche Batterie soll für Großkunden einen „einstelligen Centbetrag“ pro Stück kosten, und da sie so dünn ist, wird sie wahrscheinlich die plärrenden Grußkarten der Zukunft mit Strom versorgen. Auch verschiedenste Visitenkartenkonstruktionen sind damit denkbar. Wär ja auch nett: Strom ist aus, hör ich halt mit ungewollten Visitenkarten meine MP3s.

Die Alkoholbatterie

In Japan bereits am Markt und in einer limitierten Stückzahl von 3000 zu verkaufen: Toshibas Brennstoffzelle „Dynario“. Das Gerät hat etwa die Abmessungen eines Taschenbuches und soll mit einer Tankfüllung von 14 ml Methanol etwa zwei Handy-Akkus laden können. 250 ml Nachfüllflüssigkeit kosten umgerechnet etwas über 20 Euro — ein knackiger Preis angesichts der Allgegenwart elektrischer Energie. Toshiba verlangt für das Dynario den Gegenwert von fast 240 Euro und will mit den 3000 Geräten testen, ob es einen Endnutzermarkt für Brennstoffzellen gibt. Eine Vermarktung für Deutschland ist derzeit nicht angekündigt. Seit die Bild geschrieben hat, die Brennstoffzelle kommt wieder und ist zweifellos die Zukunft, verkauf ich allerdings eh alle Aktien in Sachen Brennstoffzellen.

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