Test Kawasaki Z 1000 2010

Man kann mit viel Aufwand sein Motorrad auf vollformatig pornoprollig kämmen. Oder man kann einfach eine 2010er Kawasaki Z 1000 kaufen.

Gestern, ca. 18.00 Uhr: Ein Ehepaar in seinen Sechzigern steht vor der am Haus geparkten Z 1000 und streichelt den Schlangenledersitz. Der Mann, nennen wir ihn mal realitätsnah „Herrmann“, betrachtet gedankenversunken den rostroten Lack. Genau die Farbe hatte er an seinem Opel Senator früher, in einer (für ihn) besseren Zeit. Vielleicht hatte er sogar mal einen Bitter SC, stille Wasser sind tief. Heute, nach einer Einstellungsfahrt mit Nachwuchs-Fastbiker Toby, ca. 16.30 Uhr, große Begeisterung: „Das Teil sieht im Rückspiegel aus wie eine Kanonenkugel vom, wasweißich, Mars oder so.“ Vorhin, ca. 17.15 Uhr, die liebe Mitbewohnerin: „Boah, was hast‘n da für ‘ne Karre? Geht ja gaar nicht!“ Es ist schwer, zur Z 1000 gar keine Meinung zu haben. Es ist einfach, sie zu hassen. Sie macht es einem aber auch genauso einfach, sie zu mögen — eine Eigenschaft, die unendlich wichtig ist für den teuren Herzensgegenstand Motorrad.

Wer Proll oder Pornodarsteller ist, muss dieses Motorrad einfach lieben. (Bild: Mio)

Das erste Wort, das einem zu so einer Eigenschaft einfällt, ist „Charakter“. Und das erste Wort, das einem wiederum bei der Verwendung von „Charakter“ im Kontext „Motorrad“ einfällt, ist „Schrott“ — Schrott, der ständig im Arsch ist nämlich. Mit der Z 1000 ist Kawasaki jedoch offenbar angetreten, um zu beweisen, dass ein Motorrad mit Charakter trotzdem gescheit funktionieren darf. So ist die Basis einfach ein japanisches Big Bike, wie es sein sollte. Schau dir das Bild der Z an und stell dir vor, wie das Teil wohl fährt. Fertig? Gut. Ziemlich genau so fährt sie sich. Die Geometrie sorgt für sehr einfache Fahrbarkeit, der Motor hat Manieren und schaufelweise Schub, die Ergonomie geht Nippon-typisch eher in Richtung Italiener als dass sie deutsche Holzfäller hofiert. Über 185 cm ist es nicht mehr perfekt, bei über 190 cm wird die Sitzposition langsam albern. Trotz ihrer Optik, die sie groß macht, passt das Sitzdreieck für Kleine ziemlich gut. Ein Kollege ist 170 cm, der sieht auf Fotos ziemlich genau in die Z eingepasst aus. Bisschen abgeschweift, es ging darum: Die Basics sind alle da, alles funktioniert, alles ist langzeitgetestet. Italo-Fans mögen es langweilig finden, wenn der Kern des Kraftwerks stabil ist, ich für meinen Teil brauche allerdings keine Kernschmelze nachts am Straßenrand der Uckermark in meinem dann nur noch kurzen Leben, weil mich die wilden Wolfsrudel Brandenburgs zerreißen, lange, bevor im fahlen Morgengrauen endlich der ADAC zögerlich anrückt.

Um diesen soliden Grundaufbau stehen lauter Sachen, die man einfach lieben (oder hassen) muss. Das mit Abstand Beste ist der Motor. Beim Rumbummeln brummelt er wie jeder andere große Vierzylinder. Es gibt jedoch einen Bereich, in dem bei Volllast irgendwelche Klappen aufgehen wie Tore zur Hölle. Es ist exakt so wie das Duett, das ein T-Rex mit Godzilla zum Anlass des Jüngsten Gerichts anstimmen würde. Es ist außerdem: voll geil. Jeder, der auch nur einen Fitzel Herz für Verbrennungsmotorgeräusche hat, wird diesen Bereich bei jedem Überholvorgang aufsuchen und dort einen perfekten Augenblick lang glücklich sein. Ziemlich glücklich bin ich auch über die schwarz anodisierten, teilweise abgeschliffenen und polierten, dann überlackierten Alufelgen, die aussehen wie frisch vom Optik-Tuner. Die schwarzen Fußrasten sind ebenfalls abgeschliffen, sodass sie auch im Regen den Grip haben, den einfache, unbehandelte Gussrasten vermissen lassen. Die Sitzbank der rostbraunen Variante mit ihrem Schlangenlederdruck ist die Steilvorlage schlechthin für Kritiker. Ich würde die als Käufer unbedingt haben wollen (es gibt sie im Werkszubehör zum Nachrüsten für die anderen Farbvatianten). Ich würde mir dann nämlich Cowboy-Stiefel aus Krokodilleder dazu besorgen, eine fette Goldkette und einen Stall voller Nutten. Gibt‘s bestimmt bald alles im Kawa-Originalzubehör.

Der Fahrersitz ist schlangenledern. Der Beifahrersitz ist ein Vibrator.

Das Fahrwerk funktioniert kompetent, tut das aber bei Kälte wie der kompetente Kollege, der keinen Bock mehr hat, die innere Kündigung (netter Begriff, ne?) schon hinter sich. Es arbeitet korrekt, kommt beim Fahrer aber lustlos an, unwillig, obwohl das Rad zweifellos gut dem Boden folgt. Bei den Fotofahrten über Straßenbahnschienen krachte und klapperte es, als würden wir eine GS fotografieren, weil das Fahrwerk trampelte wie eine fette Frau. Als ich mich der Z jedoch mit Belzer Duogrip und Schraubendreher näherte, fand ich heraus, dass das Setup schon ziemlich optimal für die Landstraße ist, da gibt es für mich nichts zu drehen. Das Ansprechverhalten der Dämpfer bessert sich bei steigender Dämpferöltemperatur deutlich, vielleicht hat der Kollege „Fahrwerk“ einfach genauso die Schnauze gestrichen voll von Kälte wie ungefähr jeder Moppedfahrer, der den letzten Winter live miterleben musste. Bis zur schwer fassbaren globalen Erwärmung mit Palmenwuchs in Bottrop muss man auf der Z vor allem an kalten Tagen damit leben, dass es über Asphaltabsätze ein bisschen kracht.

Die schönste Art, eine Kette zu spannen: pornöser Exzenter

In diesem Jahr bin ich schonmal Z 1000 gefahren, über die sich Kawasaki bei der Rückgabe beklagt hat wegen Korrosion. Auf dieser ersten Tour hat die erste Z nur gelegentlich feuchten Boden mit Salzresten gesehen, also war Korrosion bei dieser jetzt einen genauen Blick wert. Sie hat bei mir einmal kurz Regen gesehen, auf der Überführungsfahrt. Kein Salz. Ob sie vorher mal Salz abgekriegt hat, keine Ahnung, sie zeigt keinen Rost, wohl aber dieses typische weiße Aufblühen an Stellen wie den Bremsschlauch-Fittings. Das wird die Funktion der Z nicht sonderlich beeinträchtigen, es stört halt die pornöse Optik. Es könnte auch Käufer stören, nur schreiben wir doch mal Tacheles: Motorradfahrer aus der Pornoindustrie haben derzeit keine Alternative. Jungs, ihr braucht dieses Motorrad. Und schickt uns bitte den ersten Porno, in dem die Z vorkommt, als Rezensionsexemplar in die Redaktion. Danke.

Ach ja: fährt gut. (Bild: Mio)

Kawasaki Z 1000 MJ 2010

Ist: Porno.
Kostet: 11.295 Euro
Leistet: 138 PS (102 kW) bei 9.600 U/min
Stemmt: 110 Nm bei 7.800 U/min aus 1043 ccm
Wiegt: 223 kg vollgetankt
Tankt: 15 Liter Super
Hat: geschliffene Rasten, geschliffene Felgen, ungehobeltes Design und natürlich einen Exzenter.

„Mio“ ist Tanja O‘Kelly, die unter mio-fotografie.de für gute Fotos zu erreichen ist.

Kommentare:

ältere
  • Basti meinte am 10. September 2011 um 21:49:

    Wie ist die Optik bei großen Fahrern (1,88+) ? Nur große Jungzzz kommen in Pornos vor! 😉
    Macht mal nen Foto, mit nem Pornomann!

    • Clemens Gleich meinte am 10. September 2011 um 21:59:

      Also, ich weiß, dass ein Kollege mit 197 cm darauf eine sehr gute Figur macht. Ein Foto von ihm hab ich grad aber nicht.

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