Giftschrank: Frauen an den Waffen

Hiermit führe ich zur allgemeinen Test-Degustation eine neue Kategorie ein: den Giftschrank. In meinem virtuellen Giftschrank lagern Texte, die sich nicht zur Verlags-Publikation eignen – aus meistens eher banalen Gründen. Mir gefällt einfach das Wort „Giftschrank“. Der folgende Text eignet sich nicht zur Publikation, weil er zu viele eigentlich separate Schauplätze eröffnet, was ihn viel zu lang und mäandernd macht. Den werde ich vielleicht einmal in seinen zwei Aspekten „Frauen“ und „Gewalt“ je einzeln neu aufziehen. Hier weltraumexklusiv die leicht korkende Allesdrinfassung mit unendlich langem Abgang:

Mainstream-Unterhaltung früherer Jahrzehnte degradierte weibliche Protagonisten gern zu Beiwerk. Das verdross die Hälfte der Bevölkerung. Jedes Jahr castet die Kreativenwelt daher mehr weibliche Hauptcharaktere – eine erfreuliche Entwicklung. Unter der Oberfläche hat sich jedoch weniger getan, als der Glanzlack glauben macht.

Denn die Heldinnen der neueren Werke tun zumeist dasselbe wie die Helden der Achtziger: Sie erreichen ihre Ziele durch glorifizierte Gewalt. Wenn Menschen heute an „starke Frauen“ in der Unterhaltung denken, fallen ihnen Lara Croft aus Tomb Raider oder Aloy aus Horizon: Zero Dawn ein. Lara entstand als Karikatur nicht einmal einer Frau, sondern einer Gamer-Wichsvorlage. Sie schlachtet sich durch unfassbare Menschenmassen.

Wunderschönes Open-World-Schnetzeln in Horizon: Zero Dawn. Spielprinzip allerdings identisch mit anderen Schnetzlern. (Bild: Sony)

Die Skriptschreiber gaben Aloy (realistisch, aber wohl unabsichtlich) einen typischen Delinquenten-Hintergrund: Impulskontrollstörungen, Gewaltausbrüche, ausgegrenztes Kindheitsleben und eine Unfähigkeit zur emotionalen Kommunikation als Kind. Sie übertrifft Lara dann auch trotz ihrer Steinzeitwaffen. Ein Blick auf die Spielstatistik in Horizon zeigte mir irgendwann: über 500 Menschen umgebracht. Nicht Mecha-Dinos. Menschen. Außer dem Geschlecht hat sich nichts geändert zu den Helden vergangener Tage. Jede dieser Gewaltheldengeschichten lässt sich nahtlos Gender-swappen, weil sie durch so einen Swap entstand, beziehungsweise genauer: weil für das bewunderte Macho-Verhalten das Geschlecht egal ist. Woher kommt das? Naja, außer der Skript-Schreiberin sehe ich im Abspann von Zero Dawn zum Beispiel praktisch nur Männer als Macher. Die Ursachen liegen jedoch tiefer.

Mein Kind heißt „Hitler“

Trotz Rückgangs der Gewalt in allen Lebensbereichen fasziniert sie uns ungebrochen. Wir benennen unsere Hunde nicht nach Mahatma Ghandi, sondern nach Shaka Zulu, dem blutrünstigen Kriegskönig. Alexander der Große und viele andere „der Große“ tummeln sich im Geschichtsbuch. Ein Großer wird man, indem man großen Landraub auf ein Fundament der Gewalt baut und das ein bisschen halten kann. Es hätte mit einigen Änderungen der Geschichte auch einen „Adolf der Große“ im Geschichtsbuch geben können. „Hitler“ ist daher nur im Westen tabu als Name. In Afrika geben Eltern ihren Kindern diesen Namen wie „Alexander“ oder „Shaka“. Wir finden das komisch, obwohl wir schlicht andere Schlächter verehren. Nelson Mandela wird als Politiker weltweit niemals die Berühmtheit Adolf Hitlers erlangen, das ist eine traurige Wahrheit.

Die neuen Macho-Heldinnen tun sich jedoch nicht nur mit ihrer physischen Gewalt hervor, sondern agieren durch die Bank mit Charaktereigenschaften, die in den Achtzigern als Tugenden galten. Sie denken zuerst an sich. Ihre Ziele verfolgen sie mit möglichst wenig uncooler Rücksicht auf Mitmenschen. Sie verachten diese eher als Behinderung im Weg oder objektifizieren sie. Das fällt nur weniger auf als früher bei Rocky und wie sie alle hießen, weil es sich hinter dem Feigenblatt „das ist eine Frau“ versteckt. Viele Männer lassen sich gern für einen kurzen Phantasiemoment als Objekt sehen, denn das passt gut zur Emotionswelt männlicher Sexualität („I em teh Sex Machine!“), und wir müssen es ja nicht zwangsläufig jeden Tag erleben.

Der magische Negro und die Heimzahlung

Dazu kommt die Freude radikaler Feministen über einen Moment der Heimzahlung, selbst einen erfundenen. Früher hatten Frauen nichts zu melden, also ist es jetzt okay, wenn sie asozial sind. So denkt der Primat: „Auge um Auge“. So kann aber Zivilisation nicht funktionieren oder ein geschlechtergerechter Rechtsstaat. Wie soll das laufen? Jetzt zum Ausgleich matriarchale Unterdrückung, bis es den Männern zu viel wird, die dann wieder Rache wollen, ad infinitum? Solche Ansichten führen zu den enorm höheren Gewaltraten pre-rechtsstaatlicher Gesellschaften. Es geht jedoch um mehr als die Glorie physischer Gewalt. Unterhaltungs-Skripter sorgen in wahrscheinlich besten Absichten dafür, dass ein Verhalten, das für männliche Protagonisten längst anrüchig geworden ist, über die Hintertür weiblicher Protagonisten wieder Fuß im Mainstream fasst. Sie tun das, weil sie sich nicht einmal mit Anstrengung und Auftrag aus ihrem mittelalterlichen Weltbild voller Blut, Ehre und Einzelkampf lösen können.

Ihren Auftrag „mach da realistische Frauenrollen rein, und lass nicht alle Protagonisten weiß sein“ erledigen sie durch die Vorurteile stolpernd aus denen sich kein Mensch so einfach löst. Hollywood bemüht gern den „Magical Negro“, der als Gott (Bruce Almighty) oder Weiser (dutzende Filme) dem eigentlichen (weißen) Hauptdarsteller auf seiner Queste hilft. Es kann auch eine Frau sein (Dogma). Oder noch besser: eine schwarze Frau (The Shack). Hier manifestiert sich das US-Schuldgefühl gegenüber ihrer schwarzen Geschichte. Wenn dann aber doch einmal ein Schwarzer eine vielgeliebte HAUPTrolle spielt, die Weiße sich als weiß vorgestellt haben, rebelliert ein erstaunlich großer Teil des weißen Publikums (The Dark Tower). Ganz ähnlich drückt das Gewissen die Skript-Schreiber, wenn sie daran denken, in welchen Stereotypen sie vor kurzem noch Frauen abgekanzelt haben. Also gibt es die quasimagische Frau, die alles richtig macht und dem Helden hilft, seine Queste zu bestehen. Oder man macht es sich noch einfacher und swappt einfach den Sexus der Hauptrolle. Diese Schablonen kommen heraus, wenn Schreiber eine Kategorie (hier: Frau) zeigen wollen statt konkrete Charaktere. Deshalb kommen dabei keine glaubwürdigen Frauenrollen heraus, sondern Papp-Ikonen übersimplifizierter Gedankengänge. Wenn einmal lebensechte Frauen-Charaktere in geliebten Mainstream gecastet werden, passt es einem erstaunlich großen Teil der Männer nämlich auch wieder nicht (Ghostbusters).

Ich liebe Gewalt

Man verstehe mich nicht falsch. Ich hebe mich keinesfalls über den Mainstream, der Unterhaltung darin findet, Menschen zu verletzen und ihre Werke zu zerstören. Im Gegenteil: Ich liebe Gewalt. Sie unterhält mich vorzüglich. Das Schönste an jedem Kampfsport ist mir das Sparring. Ich habe es in Zero Dawn wie in allen offenen Welten geliebt, seine immer nachwachsenden Bewohner abzumurksen. Millionen Spielerinnen rund um den Globus wissen, was ich meine. Aber jetzt kommt das Aber: Gewalt mag unterhaltsam sein, aber eine moderne Tugend ist sie nicht. Deshalb leben wir sie in Turnhallen und Spielwelten aus statt in Duellen, wie vor gar nicht einmal allzu langer Zeit.

OMG! Schnäppchen! Ich ballere gleich zwanzig Magazine durch!

Früher galt die „Kriegskunst“ als die höchste der menschlichen Errungenschaften. Wir finden diese Ansicht bis heute in der Unterhaltung. Klein Spensa aus Brandon Sandersons „Skyward“ will unbedingt Kampfpilotin werden. Alle anderen Tätigkeiten findet sie minderwertig. Klein Aloy will keine Hackerin der alten Technik werden, sondern eine Kriegerin, denn das sieht sie als höherwertige Tätigkeit an. Ein Schwert für jede Prinzessin! Eine Lanze für jeden Prinz! Wie alle Primaten wird sich auch der Mensch nie ganz von seiner Liebe zur Gewalt lösen können, mit allen Nebeneffekten wie gekränkte Macho-Ehre und Einzelkämpfertum. Doch anders als etwa Schimpansen haben wir es irgendwie geschafft, Zivilisation zu bauen: ein Wertegerüst, in das unsere Jungen hineinwachsen, das uns von unseren rachsüchtigen Urtrieben stark abweichendes Verhalten erlaubt.

Gewalt ist natürlich immer dann am schönsten, wenn man Täter ist statt Opfer.

Batman ist ein Arschloch

Wo sind hier die starken Frauenrollen? In der Geschichte waren es vornehmlich die Frauen, die Frieden stifteten, auch weil sie am stärksten unter Gewalt litten. Warum stehen Deeskalation, Kommunikation oder Teambildung stets irgendwo im Hintergrund unserer Unterhaltung herum, während der Egokämpfer glänzt? In der Realität schlagen selbst sehr mittelmäßige, sehr kleine Teams sehr schnell den besten Einzelkämpfer. Vielleicht hat das dem übermenschlichen Superhelden in der amerikanischen Phantasie zu seiner Beliebtheit verholfen: Er ist die einfache Lösung auf ein komplexes Problem und existiert daher in Comics, Filmen und Spielen statt der Wirklichkeit.

Eine echte Stadt muss in Ökonomie, Zivilcourage, Infrastruktur und Exekutive investieren, wenn das Verbrechen überhand nimmt. „Batman“ ist keine Lösung, sondern die glücklicherweise erfundene Geschichte über den Egotrip eines soziopathisch gestörten Superreichen. Wenn Batman wirklich helfen will, warum gibt er keine Ninjutsu-Kurse für Polizeieinheiten und kauft ihnen Ausrüstung? Warum betreibt er keine Suppenküchen und Jugendheime? Warum investiert er nicht in Wirtschaftsförderungsprojekte? Er tut keins der Dinge, die hohe Wirkungswahrscheinlichkeiten aufweisen. Stattdessen fährt er mit einem sündteuren Egomobil die halbe Stadt zu Klump, um einen einzigen Verbrecher zu fassen. Commissioner Gordon sollte Bruce Wayne einfach nach Kohle fragen. „Das Dollar-Signal! Heize meine Kreditkarte vor, Alfred!“

Der SPD-Gorilla und andere fantastische Tierwesen

Eine funktionierende Gleichberechtigungs-Bewegung muss sich mit traditionell Geschlechtern zugewiesenen Werten beschäftigen, damit sie die Zuweisung schließlich weglassen und den Nutzen oder Schaden dieser Werte an sich betrachten kann. „In die Fresse hauen“ (Nahles) und auf die Brust trommeln helfen uns aktuell nicht besonders weiter, auch nicht, wenn eine Frau das plötzlich tut (ich hoffe, der Leser bildet sich hier ein adäquates Bild von Frau Nahles betrommelter Brust). Gewalttätigkeit war ein funktionierender Wert zu Zeiten kleiner Gruppen, die sich gegenseitig totschlugen. Starke Staaten bildeten sich jedoch nicht ursächlich durch Gewalt, denn Gewalt kann jeder. Sie bildeten sich durch geschickte Organisation, die wiederum nicht jedem gleichermaßen liegt.

Aus Talhoffers Fechtbuch spricht die Freude an Gewalt. Und Freude an Schamkapseln, die auch. Mode halt. Oder glaubt ihr, heutige Skinny Jeans schauen in fünfhundert Jahren besser aus?

Bis heute leben Menschen in Staaten vergleichbarer Ausgangslage in Abhängigkeit ihrer Politik verschieden gut. Ein hoher Lebensstandard geht stets einher mit rechtsstaatlichen Regierungen und vice versa. Das findet nur irgendwie selten Platz in der Unterhaltung. Diese Konzepte sind schwieriger in Spiele, Filme, Bücher zu packen als die älteste Geschichte der Welt zum milliardsten Mal zu erzählen: „Held(in) tötet den/die Bösen.“ Aber es gibt auch Lichtblicke selbst im breitesten Mainstream. Newt Scamander, der Held aus Rowlings „Fantastische Tierwesen“, ist introvertiert, einfühlsam, still und nahe am Asperger gebaut. Kein Wunder, dass die Produktion davon spricht, ihn durch einen „klassischeren Helden“ zu ersetzen. Oder eben eine Heldin. Hauptsache, mehr in die Fresse. Frau Rowling sei dem vor!

Wissen Sie, an wen ich bei „starke Frau“ denke? Meine Mutter. Sie war Krankenschwester. Ich würde eine Verfilmung ihres Lebens anschauen. Ihre Rolle darf dann ganz zeitgeistig gern ein Mann spielen, das ist für den Film letztendlich wurscht.

"Ein ganzer Taler für vergiftete Kirschen! Wucher! Man rufe den Scharfrichter!" ?

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Kommentare:

ältere
  • Rogntüdü meinte am 30. Januar 2019 um 11:13:

    „Er ist die einfache Lösung auf ein komplexes Problem und existiert daher in Comics, Filmen und Spielen statt der Wirklichkeit. „
    Manchmal wenn mich das Diskutieren nervt hole ich einen der Garth Ennis Punisher Sammelbände raus, danach ist man von solchen Unterkomplexlösungsanfällen geheilt.

    Und ich fürchte „Bruce Wayne und der Kampf mit der EU-weiten Projektausschreibung“ würde niemand sehen wollen…
    Wobei die Vorgänge bei Projekten in behördennahen Großkonzernen sich gut für eine Satire eignen.

    • Clemens Gleich meinte am 30. Januar 2019 um 11:39:

      Ich würde das sehen wollen! Aber gut: Ich bin vielleicht nicht das Maß für Hollywood-AAA-Kassenerfolge.

    • 3-plus-1 meinte am 30. Januar 2019 um 16:52:

      Meinst du echt, die Passierschein-A38-Thematik könnte man auf Spielfilmlänge aufpusten?

    • Clemens Gleich meinte am 30. Januar 2019 um 17:16:

      Nein, ich meine, dass man den Kampf um Fördermittel durchaus als spannenden Film machen könnte. Gab es sogar schon oft. Die junge Filmcrew, die um das Geld kämpft, mit dem sie in Cannes gewinnt oder so.

  • 3-plus-1 meinte am 30. Januar 2019 um 16:34:

    Die Verfilumung der Mutter als Krankenschwester? Hm. vielleicht. Aber Spaß macht das eben doch nur mit Charakteren, die anecken, eine eigene Meinung haben, und damit auch doch irgendwie Einzelkämpfer sind.

    Im Krankenhaus wäre das ein Dr. House. Nur Friede-Freude-Eierkuchen als Zwang führt zu schwarmdummen Entscheidungen und dann dadurch tote Patienten will ja keiner sehen.

    Generell mag ich auch Deeskalation um jeden Preis nicht. Teamzusammenarbeit kann man nur erfolgreich von Leuten fordern, die sich zumindest grob auf ein Wertegerüst geeinigt haben. Ziel sollte es sein, dass das immer mehr Menschen werden.

    So hatte ich auch Europa ursprünglich mal verstanden und das mit immer weniger erforderlicher militärischer Gewalt dann den Außengrenzen verknüpft und nicht mehr an jeder Landesgrenze selber.

    Politisch marodiert dann aber gerade unser Land nun dagegen und so ist die Gewalt im Land und die resultierede Gegengewalt (Anschläge -> Merkel-Lego) wieder ins Zentrum der Realität der Menschen gerückt und nicht ganz so blauäugige Länder ziehen die Binnengrenzen wieder hoch. Merkt man alleine im Norden bei der Fahrt nach Dänemark. Da hätte man weiter sein können, wenn man nicht ständig an der falschen Stelle Tolerant wäre.

    Aber vor dem Hintergrund wird es schwierig Charaktere zu konstruieren, die keine Gewalt anwenden aber trotzdem nicht alles mit sich machen lassen und dann zum Spielball der Anderen degradieren. Stichwort: Der Klügere gibt so lange nach, bis er der Dumme ist.

    Ich wollte schon gerade schreiben, dass uns vielleicht Patrick Stewarts Rückkehr als Jean-Luc Picard auf dem Weg hilft, aber ich denke auch das passt nicht auf die heutige tendenziöse Sichtweise. Ich kann mich erinnern, dass zur Laufzeit von ST-TNG die Serie als „Kommunismus“ verunglimpft wurde und sie heute von Linksbizarren als „Serie der Neocons“ beschimpft wird. Welch krasser Wertewechsel! So etwas wie Voyager könnte man heute – trotz Frau als Kapitän – gar nicht mehr machen. Mit der derzeitigen politischen Agenda müsste bei ersten Treffen auf die Kazon das Raumschiff deeskalierend übergen werden und die Crew würde dann auf irgendeinem unbewohnte M-Klasse-Planeten beerensammelnd vegetieren.

    Du wirst also heute es nicht recht machen können. Gewalt wird ja auch nur kritisiert, wenn sie sich gegen die offiziell Falschen (also die mit der politisch richtigen Gesinnung) richtet. In einer Zeit, wo von, mit Fäkalsprache um sich Werfenden, dem Don Alphonso „sprachliche Verrohung“ vorgeworfen wird (vom Deutschlandfunk!) ist eh alles zu spät.

    PS: Die starke Frauenrolle, die ich gerne sehen würde, gab es schon längst. In der Science Fiction. In Deutschland. General Lydia van Dyke. Aber so dürfen Frauen heute ja nicht mehr dargestellt werden. Die war viel zu souverän mit natürlicher Autorität und hat viel zu logisch agiert.

    • Clemens Gleich meinte am 30. Januar 2019 um 17:20:

      Meine Mutter eckt ja an. Vielleicht haben wir uns missverstanden: Ich würde gern mal andere Geschichten sehen als „X tötet Y und dann is alles gut“. In der US-Filmsprache reicht es immer, es ganz doll zu wollen, wenn eben alles total in die Hose ging. Das sind alles total zerkaute Klischees. Es gäbe eine ganze Reihe von neuen Dingen, die man beleuchten kann. Das Robocop-Remake hat z. B. versucht, die aktuelle Forschungslage zum Willen reinzubringen: „Tut er das?“ „Nein. Aber er glaubt, dass er das tut.“

    • 3-plus-1 meinte am 30. Januar 2019 um 22:08:

      Zitat:
      „Das Robocop-Remake hat z. B. versucht, die aktuelle Forschungslage zum Willen reinzubringen: „Tut er das?“ „Nein. Aber er glaubt, dass er das tut.““

      Vor allem brach er aber auch mit der Identifikation- bzw. Projektionsfläche des Zuschauers. Wollte man beim 80er Original noch so sein wie Robocop, hat in der Neuverfilmung der Strip auf die lebenswichtigen Funktionen im Labor erst gezeigt wie gruselig diese Existenz eigentlich ist.

    • Clemens Gleich meinte am 30. Januar 2019 um 17:22:

      Ich hab übrigens grad Star Trek Discovery angeschaut. Schlägertypen, Befehlsverweigerer, Doppelagenten, alles drin. Kam insgesamt ganz gut an, wenn man das Presseecho liest. Es stimmt also nicht, dass man nix mehr machen/sagen dürfe.

    • 3-plus-1 meinte am 30. Januar 2019 um 22:01:

      Bei Discovery war der Tabubruch erst mal die letzte Serienutopie zu zerschlagen und auch auf die vorherrschende Dystopielinie zu bringen. Da war dann mehr erlaubt für‘s große Ziel.

      Mich reizt es da nicht so hin, deshalb werde ich Discovery erst schauen, wenn es zu mir kommt und ich nicht (zusätzlich) Abonnent irgendwo werden muss. Als alter ST-TNG-Fan freute ich mich dagegen über „The Orville“ im Sommer. Die nächste Staffel soll ernster werden und ich bin gespannt.

      PS: Was allerdings die Waffen in Discovery betrifft, da wurde wirklich außergewöhnliche Arbeit geleistet. Als „The Wand Company“ TOS Phaser und Communicator in werkgetreu und (fast) funktionsfähig herausbrachte, hatte ich mich mal mit Jefferies Konzept für den TOS Phaser II auseinandergesetzt. Das ist wirklich durchdacht und kein Theaterrequisit, wie in Raumpatroullie oder gepimpte Wehrmachtswaffen, wie bei Star Wars. Die Bewaffnung in Discovery, die dann die Requisiten aus dem Pilotfilm „The Cage“ und der Serie zusammenführt … alle Achtung. Da hat wer nachgedacht!

  • Clemens Gleich meinte am 30. Januar 2019 um 17:24:

    Ich denke, wir können hier ganz gut sehen, warum das im Giftschrank stand. Wahrscheinlich ist es keine geeignete Kategorie. Was bei Verlagen nicht zur Veröffentlichung taugt, taugt wahrscheinlich meistens generell nicht dazu.

    • Volker Büscher meinte am 30. Januar 2019 um 21:22:

      Nein, das gehört schon hier hin. Ich lese gerne mal was anderes als über die aktuelle Sau die im Mainstream gerade durchs Dorf getrieben wird.

      Selbst wenn ich mir dabei denke: „Das war jetzt aber nix“ (Was ich hier NICHT getan habe) habe ich max. 5 Minuten vertan. Die 5 Minuten sind es mir wert, wenn ich dabei hin und wieder eine Perle finde…

      … und wenn ein Artikel zu Diskussionen führt ist das immer gut. Mehr als eine Meinung zum Thema darf schon sein 🙂

    • 3-plus-1 meinte am 30. Januar 2019 um 22:04:

      Solche Beiträge würde ich gerne mit „++“ bewerten. *thumbsup*

  • Xir meinte am 30. Januar 2019 um 21:47:

    Ach, und ich dachte immer das gerade in Spielen die weibliche Form des Hauptdarstellers dafür da ist, das man(n) sich in der 3rd-Person Perspektive nicht 20-60 Std. lang einen Männerarsch angucken muss, sonder eine optisch angenehmere Alternative hat. 😉
    Ähem….Giftschrank, ja.

    • Clemens Gleich meinte am 31. Januar 2019 um 11:09:

      Ich glaube tatsächlich, dass das beim ersten Tomb Raider genau so war. Erinnerst Dich, diese Riesentitten? Da war es wie beschrieben noch eine Wichsvorlage. In heutigen Iterationen sieht Lara normal aus. Man kann ihr sogar was Warmes anziehen, wenn sie durch den Schneesturm stapft, wofür ich ein merkwürdiges Verlangen verspürte (ich zog ihr die dicke Fliegerjacke an statt ihres Unterhemds).

      Aus der Zeit der ersten Tomb Raiders kommen viele Action-Heldinnen, die so sind, wie Männer sich das erträumen: wie der beste Kumpel, aber halt mit einer Vagina.

  • 3-plus-1 meinte am 30. Januar 2019 um 22:34:

    Zitat:
    „Woher kommt das? Naja, außer der Skript-Schreiberin sehe ich im Abspann von Zero Dawn zum Beispiel praktisch nur Männer als Macher. Die Ursachen liegen jedoch tiefer.“

    Auch wenn du weiter unten von Millionen Gamerinnen schreibst, ich kenne von weiblicher Sicht NUR Ablehnung gegenüber Computerspielen (heute) und Computern generell (80er). Warum also generell auf diese nicht vorhandene Zielgruppe Rücksicht nehmen?

    Durch Zeitmangel, wiedergefundenem Spaß am alten Gerät und beeindruckt von dem was sich da aktuell wieder tut , beschränke ich mich auf das Retrogaming. Weil ich früher mit C16 und plus/4 unterwegs war, finde ich diese vernachlässigte Plattform auch heute noch spannend.

    Aber es stimmt schon, da gab es viel Schrott, doch bei den besseren Spielen (Kingsoft Tom Thumb, Mastertronic Big Mac, Gremlin Graphic Tube Runner) war immer ein Mann der Protagonist. Um so mehr freue ich mich, dass bald die Schachtel mit dem besten Spiel der Plattform überhaupt ins Haus kommt, bei dem ich eine Afro-Arztin steuern darf. Hat aber wieder ein Haufen programmierender Männer möglich gemacht: http://binaryzone.org/retrostore/merch2018/pets_box_big.jpg

    Was dann den Egotrip generell im Computerspiel angeht, denke ich, das ist einfach systemimmanent für das Medium Computerspiel. Es ist ja für die Tage im Winter gemacht, wo man allein zu Hause abhängt. Da jedes mal Freunde zusammen trommeln zu müssen, um irgendwie kooperativ spielen zu können, würde die Funktion zum Zeittotschlagen bei Dreckswetter, wo keiner Zeit hat, Unterminieren.

    PS: Ich bin gespannt auf weitere Giftschrankartikel und freue mich drauf.

    • Clemens Gleich meinte am 31. Januar 2019 um 11:04:

      Deine Daten für „heute“ stimmen nicht. Frauen spielen sehr wohl sehr viel Videospiele, das Geschlechterverhältnis ist praktisch ausgeglichen. Das war in den Achtzigern noch anders, stimmt. Also darf es nicht wundern, wenn Hersteller auf die Hälfte ihrer Zielgruppe achten, auch wenn Frauen in der Videospielindustrie (also beim Machen) weiterhin stark in der Unterzahl bleiben.

      Und es geht mir auch nicht um kooperatives Spielen. Ich spiele fast immer solo. Es geht mir um die Themen, die Spielstories behandeln. Da hat sich seit dem Mittelalter kaum etwas getan, aber vielleicht hat die Menschheit auch einfach die Themen gefunden, die sie interessieren.

  • Volker meinte am 3. Februar 2019 um 17:11:

    MMmmmh. Die Croft und Aloy rangieren doch wohl eher in der Kategorie „Männerinnen“. Ein hier ungenannter Spezl nannte diese besondere Gattung Einhorn mal „bester Kumpel, den man auch ficken kann“. Die tatsächliche Existenz und was das über die Glaubwürdigkeit der Gamecharaktere aussagt, bliebe noch zu diskutieren.

    Ich habe damals übrigens ganz gerne Unreal Tournament und Counterstrike auf länglichen LAN-Parties gespielt (und trotzdem noch niemanden im echten Leben abgemurkst), bis irgendwann die Grafikkarten mehr kosteten als eine gebrauchte Enduro. Da wars dann auch zeitlich eher prohibitiv.

    Die Spielstory? Je nun.

    War mir damals in der „Spielhalle“ schon ein Rätsel, was die Kids an einem Shooter so geil fanden, wo man mit 1001 Knöpfen Bomben, Granaten, Raketen, Laser, Minen und das BFG 9000 in alle Himmelsrichtungen schießen konnte. Epileptiker darfst da jedenfalls nicht sein.

    Ich beschränkte mich stattdessen lieber auf „Phoenix“, „Manic Miner“, „Missile Command“, „Centipedes“, „Elevator“ und „Donkey Kong“, läuft mittlererweile auf jedem Raspberry.

    Bliebe noch die Handydaddelei im ÖPNV, die ich allenfalls mit zoologischem Interesse betrachte. Spontane Kaufreflexe kommen eher nicht auf.

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