Das Wunder der satellitengestützten Ortsbestimmung und Navigation ist ein alltägliches geworden. Hinter jeder Windschutzscheibe saugt sich so ein kleiner Kasten fest, der die Leute anleiten will. Und brav folgen sie dem Licht. Es ist ein echtes Problem geworden. Früher war es schwer, einer Karte die Schuld dafür zu geben, dass man selbst zu blöd war, sie zu lesen. Das ist jetzt anders. Das Navi hat nämlich eine Stimme, und eine der abstrafungswürdigsten Ausreden für bescheuertes Fahren ist „…aber das Navi hat gesagt…“. Der Mensch an sich folgt ja gern Befehlen, fast automatisch. Da können vor allem wir Deutschen ein Lied davon singen (mit einer verbotenen Strophe). Nur sollte doch ein erwachsener Autofahrer in der Lage sein, zwischen den Anweisungen eines Beifahrers oder gar jenen der Ordnungshüter und der synthetisierten Stimme eines kleinen Hilfsgeräts zu unterscheiden. Passiert aber nicht. Da gibt es die wiederholten Fälle, dass sich jemand beschwert, ihr Navi führe sie einen Umweg nach Hause, da gebe es einen besseren Weg. Warum, will der denkende Gesprächspartner da fragen, nimmst du den dann nicht, du Dösbaddel? Die Antwort: Weil mein Herr, das Navi, mir befohlen hat, den Umweg zu fahren. Es ist ein typischer Fall von Hirn ausschalten, Befehle ausführen, der noch deutlich krassere Konsequenzen haben kann. Es ist noch nicht lange her, da rammte ein LKW-Lenker sein voll beladenes Fahrzeug von einer großen Kraftfahrstraße volle Kanone quer über einen kleinen Wirtschaftsweg in die Botanik. Der Beamte, der den Fahrer am Unfallort vernahm, musste folgenden Beweis menschlicher Unmündigkeit notieren: „Mein Navi hat gesagt, ich soll hier abbiegen.“ Ja, und wenn dein Navi dir sagt, du sollst in Damenunterwäsche ein Nachbarland überfallen, dann machst du das wahrscheinlich auch einfach.
Lasst uns den besten Teil der guten alten Karte in die Navi-Zeit retten: die Eigenverantwortlichkeit im Umgang mit technischen Hilfsmitteln. Ein Navi ist eine dumme Maschine, ein Hilfsgerät, das für eine optimale Performance emanzipiert verwendet werden will. Es ist kein absolut herrschender Gott, der unerbittlich Gehorsam verlangt, und selbst wenn, möchte ich zitieren: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“ Nein, das hat nicht das Navi gesagt.